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Titel: Der Gebrauch der Fotografie II · von Karin Thomas · S. 218 - 227
Titel: Der Gebrauch der Fotografie II , 2004

KARIN THOMAS
MIMIKRYSPIELE ZWISCHEN MALEREI UND FOTOGRAFIE

Anleihen der Fotografie bei der Malerei sind so alt wie das Medium selbst. In Zeiten lebhafter Rivalität zwischen Fotografie und Malerei um die Gunst eines Publikums, das nach repräsentativen Bildern bürgerlichen Wohlbehagens verlangte, lieferte eine mit Unschärfen operierende Aufnahmetechnik ein weichgezeichnetes Abbild des Abgelichteten, das dazu diente, eine schöne Illusion als Realität zu affirmieren. In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts war dieser sich als Kunstfotografie stilisierende fotografische Impressionismus einer doppelten Ablehnungsfront ausgesetzt. Von den Vertretern der hohen Kunst wurde die malerisch inszenierte Fotografie als plagiatives Kunstgewerbe disqualifiziert. Die Dokumentarfotografie, die sich als Medium der Presseorgane in wachsendem Maße gesellschaftspolitische Weltgeltung erobern konnte und von daher keinen Anlass hatte, mit den klassischen Kunstdisziplinen in Konkurrenz um eine künstlerische Anerkennung zu treten, erhob für ihre Bilder den Anspruch auf den objektiven Blick und sah ihre unverfälschte Realitätswiedergabe im Widerspruch zu den illusionistischen Bildern einer die Dinge schönzeichnenden Fototechnik. Erst in dem Moment, als das gedruckte Dokumentarfoto im Wettstreit um Aktualität dem bewegten Fernsehbild unterliegt und sich jede Art von fotografischer Bilderzeugung als manipulierbar erweist, kommt ein neuer – konzeptueller – Dialog zwischen Fotografie und Malerei in Gang. Wegweisende Anstöße gehen dazu von Malern wie Gerhard Richter und Sigmar Polke aus, die sich allerdings um die perfekte Fototechnik wenig kümmern.

Als Gerhard Richter in den sechziger Jahren mit seinen scheinbar beliebigen Motiven aus Fotoalbum und Tageszeitung, aus Illustrierten und eigener Schnappschussausbeute abgestufte Grautönungen, Unschärfen und Bildausschnitte als typische Eigenschaften des fotografischen Mediums in seine Malerei transplantiert, bekundet sich diese Strategie als Ablösungsprozess von den Traditionen des modernen Malens. Seit dem Expressionismus hatte sich die Malerei unter den Vorzeichen der Moderne in der abstrakten Formfindung oder im Gestus der Malspur als subjektive Weltdeutung verstanden. Die grautonige »Unschärfe« als gleichmachendes Verwischen der Motive, das Gerhard Richter mit seinen malerischen Handlungen ausführt, unterbindet jede subjektive Befindlichkeit im Bild und jeden Anspruch auf Bedeutung von Motiv und Komposition. Richter annektiert zwar mit der Unschärfe eine manipulative Technik der malerischen Fotografie, nutzt sie aber keineswegs als Instrument einer verklärenden oder verunklärenden Weichzeichnung. Die Wirkung wird vielmehr umgekehrt, die graue Unschärfe überführt das Motiv in einen bedeutungsleeren Raum und den Malprozess in eine kalkulierte Geste, in deren Neutralität sich neue strukturelle Qualitäten von Malerei aus einem dissoziierenden Wahrnehmen entfalten können.

In seinen >Notizen 1964-65< reflektiert Richter in eben dieser Weise über die Unschärfe als bildgestalterische Struktur: »Ich verwische, um alles gleich zu machen«.1 1972 resümiert Richter in einem Interview mit Rolf Schön die aus der Unschärfe-Malerei gewonnenen Erfahrungen: »Ich kann über Wirklichkeit nichts Deutlicheres sagen als mein Verhältnis zur Wirklichkeit, und das hat dann was zu tun mit Unschärfe, Unsicherheit, Flüchtigkeit...«.2 In der Unschärfe verbildlicht sich Richters Sicht auf die Wirklichkeit, in der mit der Relativierung des Sichtbaren die eigene Verunsicherung als das Nichtoffenkundige, Flüchtige zum Anlass des Malens wird.

Was sich bei Richter aus der Einpflanzung fotografischer Bildkonzepte in die Malerei herauskristallisiert hat, das Fragen nach dem Nichtgreifbaren, Flüchtigen, tritt bei Thomas Florschuetz im Medium des fotografischen Bildes in Erscheinung, wobei die großformatigen Farbaufnahmen – Durchleuchtungen von Haut, Fenster als Lichtbarrieren, irritierende Nahsichten auf Orchideenblüten – ihre eigentümliche Wirkung aus einem Verwechslungsspiel des Fotografischen mit dem Malerischen beziehen. In der Transformation malerischer Qualitäten – wie Farbtransparenz, leichte Motivunschärfe, Beleuchtung, Fragmentierung und Verfremdung der Bildgegenstände in Richtung abstrakter Formen – auf das fotografische Bild überschreitet Thomas Florschuetz die Grenzen dokumentarischer Wiedergabe und macht das Medium Foto – ähnlich wie Gerhard Richter die Malerei – zur kompositorischen Bühne von Ambivalenzen, in denen Ephemeres wahrnehmbar wird. Schon die ersten Schwarzweiß-Fotografien von Körpersegmenten aus dem Jahr 1983, die sich zu tableauhaften Kompositionen zusammenfügen, operieren mit einer Verfremdung, die nicht um ihrer selbst wirksam wird, sondern durch Irritation die Aufmerksamkeit auf die unsichtbaren Zwischenzonen der Bildteile richtet. Diese Art von Verfremdung ist – abgesehen von surrealistischen Experimenten – untypisch für die traditionelle Fotografie, signifikant ist sie jedoch für die psychogrammhaften Mehrtafelgemälde von Francis Bacon, die den Blick unter die Haut offen legen. Ausschnitte von Kopf, Rumpf, Armen und Beinen treten bei Florschuetz in Dialog mit fragmentierten Fotos von Performancegesten und gestalten aus diesen Elementen einen transrealen Bildgegenstand an der Schnittstelle, wo sich die Körpererfahrung von der physischen Gegenwärtigkeit in den psychischen Raum des isolierten Unterbewussten ausdehnt.

Mit der Plexus-Serie von 1993 tritt der Tiefenblick eines Röntgenbildes, das die Körpermaterialität völlig auflöst, in Erscheinung. Das für das bloße Auge unsichtbare Gerüst der Knochen berührt als glutrote Leuchtspur die Oberfläche von Haut. Das fotografische Bild bietet dem Unvertrauten, der Berührung des Sichtbaren und des Verhüllten, ein Szenarium für die Bildwerdung seines flüchtigen Eigenlebens unter dem Schein einer Röntgenlampe. Solche Vernetzungen blieben über lange Zeit hinweg das ausschließliche Exerzitium einer Realität und Traumata auslotenden Malerei.

Die Serie Multiple Entry – Fenster zur Welt von 1997/98 legt den unmittelbaren Vergleich mit Gerhard Richters Fenster- und Spiegelbildern nahe, die im Arbeitsprozess des Malers mit ihren illusionären Raumerscheinungen immer dann vorkommen, wenn sich Brüche oder Übergänge zwischen verschiedenen Werkgruppen vollziehen, ohne dass sich daraus bereits Erfahrungen an den Rändern der Schwellen niedergeschlagen haben. Die denkbar simple Situation, die Florschuetz wählt, Spiegelungen und Lichtreflexe in einem Fenster seiner Kreuzberger Wohnung, weitet sich bei wechselnder Fensterpositionierung und tageszeitlicher Lichtkonstellation in einen vielgestaltigen illusionären Raum, dessen rein optische Erscheinungen die Serie der Fotoaufnahmen fixiert.3 Thema der Serie ist bei aller Faszination, die der Wechsel zwischen Licht und Schatten sowie die Effekte der Spiegelungen und Verdoppelungen ausüben, nicht das ästhetische Schauspiel im Fensterglas, sondern die sich in ihm manifestierende Wahrnehmung von Schwellensituationen, die in den Blumenstücken der Orchideenbilder geradezu metamorphotisch an den Betrachter heranrückt.

Um die Jahreswende 2001/2002 zeigt der Hamburger Bahnhof in Berlin 27 großformatige Farbaufnahmen einer Serie4, die sich in fast 100 Motivvarianten ausschließlich mit der Blütenblattgestalt von Orchideen beschäftigt. Minimale Abweichungen zwischen den einzelnen Fototafeln zwingen den Betrachter zur genauen Sicht und erinnern in ihrer medialen Deklination an vergleichbare Experimente Gerhard Richters in der Malerei. Was zur Variation des Motivs motiviert, ist die verführerische Schönheit der Orchideenblüten. Florschuetz gibt den seidigen Blütenblättern auf seinen Fototafeln eine derart malerische Gestalt, dass sich im vergleichenden Wahrnehmungsvorgang der Bilder eine Berührung mit menschlicher Emotion ereignet. Unmerklich provoziert das verführerische Moment Assoziationen, die sich in das Sichtbare einschieben. Die Blütenzentren mutieren zu lasziven Mündern, zu Vagina und Penis. Die Choreografie der zartfarbigen Blütenblätter verwandelt sich in eine Heerschar aggressiver erotischer Formationen, die ein hintergründiges Spiel der Begierden vorführen, Metamorphosen, die so wie sie auftreten, auch wieder hinter der sichtbaren Folie der Blumenstücke verschwinden. Ihr flüchtiges Auflodern resultiert aus dem bildnerischen Prozess einer mit malerischen Gesten aufgeladenen Inszenierungsfotografie.

Während Gerhard Richter seine Anleihen bei der Fotografie 1963/64 mit der Absicht tätigt, die Malerei für sich neu zu erfinden, und Thomas Florschuetz diesen Schritt in umgekehrter Wegrichtung begeht, indem er der Malerei spezifische Qualitäten für seine fotografische Konzeption entlehnt, vollziehen sich Sigmar Polkes bildnerische Experimente sowohl in der Malerei wie auch in der Fotografie, um sich dabei wechselseitig ineinander zu verweben. In seinen frühen Rasterbildern malt Polke Punkt für Punkt jene Elemente nach, aus denen sich die motivischen Vorlagen seiner Gemälde – Zitate aus Zeitschriften und Werbung – aufbauen. Indem das industrielle Reproduktionsinstrument, mit dem die Massenmedien drucktechnisch operieren, per Hand gemalt wird, löst es sich von seiner bloßen Transportfunktion des Bildinhaltes und mutiert zur autonomen, künstlerischen Struktur. Denn in dem Maß, wie der akribische Malprozess in Widerspruch zur Banalität der Sujets tritt – ein Tisch mit Vase, Berliner Ballen aus der >Bäckerblume<, einer Zeitschrift des Bäckerhandwerks, Bunnies oder fliegende Untertassen -, schiebt sich zwischen Bildinhalt und Malweise ein persiflierender bzw. komischer Unterton, den die Polke-Literatur vielfach und vielschichtig untersucht hat.

Fast zwei Jahrzehnte nach den Rasterbildern der sechziger Jahre vollzieht sich ein umgekehrter Prozess in doppelter Hinsicht. In der Fotoserie zu Goyas Gemälde Die Alten von 1984 überlagert Polke das aquatintagraue Großfoto teilweise mit dem Punktmuster einer Rasterschablone und verleiht dem Bildausdruck des gemalten Motivs auf dem Foto eine erheblich abgewandelte atmosphärische Ausstrahlung im Vergleich mit dem Gemälde Goyas. Im Katalog zur Baden-Badener Ausstellung der Polke-Fotografie von 1990 hat Jochen Poetter diese Metamorphose mit Hilfe eines Punktemusters als »Paradebeispiel Polkescher Bilderweiterung« beschrieben: »Polke hat auf dem Bild der beiden >Alten< nur einen Teil überrastert, zudem ist dieser noch einmal zusätzlich in sich selbst strukturiert als Ergebnis einer sehr genau kalkulierten Ausführung. Er bedeckt insbesondere das helle Kleid der Alten und lässt die Ränder weich auslaufen. Hier erscheint er als Musterung des Gewandes [...]. Polke schafft auf diese Weise eine zusätzliche Ebene. Die spezifische Machart durch die Überlagerung von zwei oder drei positiv und negativ abwechselnden Schablonen gibt diesem Teil des Bildes ein eigenes Licht. Ein Licht, das nicht aus dem Bild selbst kommt, sondern ihm von außen übergegossen wurde. Es hat den paradox anmutenden Anschein, als sei die Rolle dieses formalen Mittels hier weit mehr dem Divisionismus verwandt als den polkeschen Anfängen der sechziger Jahre. Der melancholische Ausdruck im Blick der Alten, der dem Geschwätz der Kupplerin ebenso wenig Aufmerksamkeit zu schenken scheint wie dem Spiegel, ist in transzendentale Ferne entrückt, und ihre Vogelgrimasse ist zugleich von einer schalkhaften Miene umspielt. Während das Gesicht der Alten nicht überrastert ist, laufen die schwarzen Punkte wie ein Ausschlag über das Gesicht der anderen und verwandeln sich den schwarzen Pupillen an. Diese Entsprechung lässt uns in allen Punkten Augen erkennen. Auch die glanzlosen, schwarzen Pupillen der Alten finden jetzt über ihr ganzes Gewand verteilt Multiplikationen, bringen uns dazu, die Punkte einzeln anzuschauen und ihnen einen eigenen Ausdruck zuzugestehen.«5 Ein zweites Großfoto der Goya-Alten hat Polke den fotochemischen Prozessen des Entwicklerbades ausgesetzt und auf diese Weise mit malerisch fließenden Schleiern überzogen, ein Procedere, das der Künstler auch in seiner Malerei ausgiebig als Farbenalchemie anzuwenden pflegt. Auf einem dritten Großfoto stören scheibenartige Segmente von Rasterpunktschablonen einen dunklen Schleier und verleihen dem Foto eine fabelhafte Werkung jenseits des Goyaschen Bildinhaltes.

So wie Polke den Rasterpunkt der Massenmedien in die Malerei hineinholt und ihn von dort aus mit neuerlicher Metamorphose wieder in eine Reprotechnik, in die Fotografie, zurücküberführt, so schafft er auch mit unbekümmerter bildnerischer Experimentierfreude mediale Interferenzen, die den einfachen Dingen ein überraschendes Doppelleben eröffnen. In den siebziger Jahren entsteht die Serie der Weinrankenfotos und erscheint in ihrer Leichtigkeit wie eine humorvolle Fingerübung mit der Kamera auf einem künstlerischen Nebengleis. Abgelichtet sind verschnörkelte Weinranken, die Polke in getrocknete Brotecken aufrecht eingesteckt hat. Derart gestützt, mutieren die bizarr aufgesockelten Stängel im Foto zu skulpturalen Gebilden im Bozzettoformat. Der Betrachter assoziiert die Ensembles aus Brot und Stängeln mit windzerzausten Segelschiffen oder sich ver-rückt gebärdenden Figurinen auf schwankenden Podesten, wobei ein diffuser Hintergrund aus fotochemischen Verläufen die realen Proportionen der Gegenstände verschleiert. Solche Bildsetzungen, die Polke ebenso in der Malerei wie in der Fotografie vornimmt, beziehen ihre Faszination nicht zuletzt aus dem frappierenden Humor, der den Verwandlungen von simplen Dingen eingeschrieben ist.

Mit Blick auf Polkes ausgedehnte fotografische Praxis kann man die von einer Ausstellung im Museum Bochum 2001/2002 erhobene Frage, ob prinzipiell andere Fotografien entstehen, wenn Maler und Bildhauer anstelle von gelernten Fotografen die Kamera zur Hand nehmen, von vornherein mit Ja beantworten.6 Maler übertragen ihre Strategie von Bildfindung mitsamt aller Problematisierung des Sehens und des Soseins des Gesehenen auf das Medium Fotografie. Ihr bildnerischer Zugriff erschafft dem Gegenstand statt des bloßen Abbilds eine zweite Existenz in dem Maß, wie das Dargestellte den Filter einer dissoziierenden Wahrnehmung, einer Metamorphose, durchläuft. Bei Polke besitzt dieser Filter alle möglichen Abschattungen der ironischen Distanz.

In den neunziger Jahren gehört die wechselseitige Mimikry zwischen Malerei und Fotografie mit einiger Selbstverständlichkeit zum strategischen Fundus von künstlerischer Bildfindung. Auch der Maler Hartmut Neumann widmet sich zuweilen dem fotografischen Medium, um sein malerisches Konzept noch intensiver mit der Schärfe der Ironie und damit der Verfremdung zu pointieren. Neumanns Gemälde entwerfen Natur-Areale, deren Kompositionsprinzip die Magie des Natürlichen mit der ornamentalen Konstruktion des Künstlichen vereint, Wucherung und Ordnung verschmelzen in einer phantastischen Synthese. Die akribisch exakte Nahsicht auf exotische Pflanzen und Tiere, wie wir sie von der Hyperrealistik botanischer Schautafeln her kennen, mischt sich mit der bengalischen Suggestion märchenhafter Illusionsgärten. Was sich auf Neumanns Leinwänden mit explosionshafter Überfülle ausbreitet, ist keine realistische Natur, sondern eine geträumte Natur ohne Authentizität, die die Sehnsucht nach dem Verlorenen in erdachten Erinnerungsbildern rekonstruiert. Denn der erste Anschein einer fotorealistischen Wirklichkeitsreproduktion verflüchtigt sich in einer orchestralen Ornamentik aus Pflanzen und Tieren, deren Botanik allen Klima- und Wachstumsgesetzen zuwiderläuft.

Nicht in erweiterten malerischen Konzepten, wie man erwarten möchte, sondern in einer spezifischen Anwendung von Fotografie findet diese Darstellung absichtsvoller Unnatürlichkeit noch eine erhebliche Potenzierung. Denn die illusionshafte Abbildlichkeit von Natur, die Neumanns Gemälde dem Betrachter noch vorführen, ist in den Fotografien völlig zugunsten einer künstlichen Ordnung von Versatzstücken aus dem Bildkontext herausgefallen. Ein Sammelsurium aus selbst gebastelten Tierskulpturen mit Pop-Appeal und Tierattrappen, deren Herkunft aus der Werkstatt des Tierpräparators oder aus der Spielzeugkiste unverkennbar ist, inszeniert sich mit gerahmten Tierporträts als Bilder im Bild vor einer Kulisse aus Blumentöpfen, Nippeswaren, Tapetenmustern oder eigenen Malerei-Kompartimenten, die ihre künstliche Naturabbildlichkeit überhaupt nicht verbergen. Eine bricolagenhafte Strukturierung der Fotografien und bunte Farbigkeit verstärken die verfremdende Distanz; jedes Bildelement hat den Filter einer ironischen Brechung durchlaufen. Die fotografische Aufnahme verbannt noch den letzten Anschein von authentischer Natur aus dem Bildarrangement. Dargestellt ist eine bildnerische Haltung, nämlich die pure Abstraktion von der Natürlichkeit, wobei sich gleichzeitig die erzählerische Bildkraft von inszenatorischer Choreografie bekundet. Weiter kann sich die Fotografie von ihrer Tradition des direkten Abbildens kaum mehr entfernen, um statt dessen die Gefilde konzeptueller Kunst zu besetzen.

Anmerkungen:
1.) Gerhard Richter, Notizen 1964-1965, in: ders., Text. Schriften und Interviews, hg. v. Hans-Ulrich Obrist, Frankfurt/M. und Leipzig 1993, S. 31.
2.) Gerhard Richter, Interview mit Rolf Schön 1972, in: ders., Text (wie Anm. 1), S. 69.
3.) Siehe den Katalog >Thomas Florschuetz, Multiple Entry<, Ausstellung im Städtischen Museum Zwickau, 12.7.-6.9.1998. 4.) Siehe den Katalog >Thomas Florschuetz, Ricochet – Blumenstücke<, Ausstellung der Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof Museum für Gegenwart, Berlin, 7.12.2001-27.1.2002. 5.) Katalog >Sigmar Polke – Fotografien<, hg. v. Jochen Poetter und Bice Curiger, Ausstellung Staatliche Kunsthalle Baden-Baden, 11.2.-25.3.1990, S. 157f. 6.) Siehe den Katalog >Fotografierte Bilder – wenn Maler und Bildhauer fotografieren…<, Ausstellung Museum Bochum, 13.12.2001-20.1.2002.[/annotation]