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Gespräche mit Künstlern · von Magdalena Kröner · S. 256 - 267
Gespräche mit Künstlern , 2004

VANESSA BEECROFT
“WENN EINE NACKTE FRAU DER AUSLÖSER DES CHAOS IST, NEHME ICH SIE UND STELLE SIE INS AUGE DES STURMS.”

EIN GESPRÄCH MIT MAGDALENA KRÖNER

Vanessa Beecrofts Performances sind Paraden militärisch geordneter Schönheit, in die etwas Unkontrollierbares einbricht. Die Modelle scheren nach einer Weile aus den strengen Vorgaben der Künstlerin aus. Sie beginnen, die vorgegeben, starren Positionen zu verlassen, um sich auszuruhen. Erschöpfung, Desorganisation und Vergänglichkeit sind Teil des Beecroftschen Schönheitssystems. Sie bilden die andere, notwendige Seite einer geradezu grausam präzise inszenierten Perfektion.

Magdalena Kröner: An welchem Punkt und als Ergebnis welchen Prozesses tauchte die Nacktheit als Thema deiner Arbeit auf? Ab wann und in welcher Form hast du sie gezielt eingesetzt?

Vanessa Beecroft: Bereits in der Akademie arbeitete ich stundenlang vor Modellen und zeichnete sie. Ich war fasziniert von der Anatomie und dem Skelett. Dabei interessierten mich vor allem dünne, zerbrechliche, leidende, traumatisierte Körper, weniger etwas, was man als “fit” und “gesund” bezeichnen würde. Nacktheit erlaubte mir, dieses Verwundbare zu sehen. In meine eigentliche Arbeit geriet die Nacktheit jedoch geradezu unbewusst und vermittels eines Zufalls. Abstrakte Kunst interessierte mich, aber es war keine Form, die mir zugänglich erschien, also versuchte ich etwas anderes. Im letzten Jahr an der Brera lud ich zu meiner Abschlusspräsentation eine Gruppe befreundeter Mädchen ein, um bei der Eröffnung meiner Ausstellung des “Book of Foods”, einem Tagebuch über alles, was ich während der letzten 10 Jahre gegessen hatte, einfach im Raum anwesend zu sein. Ich beobachtete die individuelle Wirkung, die die Mädchen als visuelles Material im Galerienraum entfalteten….


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von Magdalena Kröner

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