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Ausstellungen: Braunschweig · von Jochen Becker · S. 339 - 341
Ausstellungen: Braunschweig , 2000

Jochen Becker
Tom Burr: »Low Slung«

Kunstverein Braunschweig, 16.9. – 12.11.2000

Dunkle Kneipenecken des 60er-Undergrounds, die Glitter-Zeit der 70er mit einer Säule gleich einer aufgerollten Discokugel, die glatten 80er im blankpolierten Edelstahl, die 90er aufbewahrt in einer Holzschachtel: Tom Burrs “Queer Minimalism”, wie es die Katalogautorin Juliane Rebentisch nennt, rekonstruiert die Orte schwuler Öffentlichkeit als Wiedererweckung der minimal art. Der Kunstverein in Braunschweig präsentiert unter dem Titel ‘Low Slug’ (tiefergelegt) die – wenn ich es recht sehe – erste Übersichtsausstellung des 1963 geborenen New Yorkers.

Burrs 1998 verfasste Text ‘Sleazy City: 42nd Street Structures and Some Qualities of Life’ für die Zeitschrift October liest sich wie ein Ausstellungsführer. Aus Anlass seiner Präsentation ’42nd Street Structures’ in der Galerie American Fine Arts verfasst, schreibt Burr hier eine Raum-Geschichte des ‘Adult business’ rund um den Time Square von Manhattan. Der Rückblick ist ein rekonstruktiver, da Stadtpolitik und Immobilienbranche die Gegend um die 42. Straße “aufzuräumen” gedachten. War es 1966 eine Entscheidung des Obersten Gerichts.hofes, welche hier Hunderte von Pornokinos und Peepshow-Läden, Bars für Schwule und Lesben wie auch Nachtclubs beförderten, setzt dreißig Jahre später ein geändertes Zoning-Law der “öffentlich zugänglichen Sex-Kultur” (Rebentisch) ein Ende. Sperrzonen rund um Schulen oder öf.fentliche Einrichtungen wurden so weiträumig ausgelegt, sodass das XXX-Business wohl nur mehr im Hudson River noch legal auftreten könnte. Als “Wiederentwicklung” und “Geschäftbeförderungsgegend” werden solche Unternehmungen bezeichnet. Die ‘Quality of Life’, für welche der Disney-Konzern als einer der Developer stehen mag, setzt sozialhygienische Maßstäbe fest. Der us-amerikanische Rekurs auf family values suggeriert, dass es dort normgerecht…


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