Ronald Berg
Ulrike Grossarth
»1,2,3,4,5 – Umgebung«
Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart, Berlin 17.12.2005 – 5.3.2006
Bau I” kommt einem bekannt vor. Man kennt das raumfüllende Arrangement schon von der documenta X in Kassel 1997. Lange, etwa zehn Jahre, hat Ulrike Grossarth an der Entwicklung dieses “plastischen Milieus” gearbeitete. Jetzt im Werkraum des Hamburger Bahnhofs, hat sie den “Bau” nachgebaut: Tische, Projektoren, Projektionen, Glasscherben, Warenartikel, Fotos, alles auf den ersten Blick wahllos zusammenstellt. Doch der erste Anschein trügt. In Grossarth “Bau” ist alles genau bedacht.
Denn der “Bau” ist im Grunde eine Art Privatsprache. Grossarth kommt ursprünglich vom Tanz, und deshalb spielen die Verhältnisse zwischen den Objekten, den Tischen, also die Platzierung im Raum und die Erfahrbarkeit dieser Verhältnisse durch die Bewegung des Betrachters eine maßgebliche Rolle. Alles ist aufeinander bezogen und lädt die im Grunde unscheinbaren Materialien mit vermeintlich höchst komplexen Bedeutungen auf. Das muss jeden normalen Besucher natürlich überfordern. Da er den Code von Grossarths Privatsprache nicht beherrscht, die Komplexität also gar nicht entschlüsseln kann, bleibt ihm nur, sich selbst seinen Reim auf die Dinge zu machen. Aber war das Grossarths Absicht?
Merkwürdigerweise wird alles sehr einsichtig, sobald Ulrike Grossarth anfängt, ihr Arrangement selbst zu erklären. Doch wird damit ihre Arbeit in ihrer gewünschten Präsenz relativiert. Es hat den Anschein, dass Ulrike Grossarths plastische Artikulation von Denkstrukturen und Dingverhältnissen sich der Übersetzung aus Sprache verdankt, was die Arbeit rückübersetzt in Worte und Begriffe ziemlich banal aussehen lässt. Warum aber der Umweg über die Dinge? Ohne den Hintergrund einer ausgeklügelten Rationalitätskritik…