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Ausstellungen: Berlin · von Dieter Buchhart · S. 274 - 275
Ausstellungen: Berlin , 2005

Dieter Buchhart
Wo liegt Berlin?

Fotografische Annäherungen an eine Stadt
Brotfabrikgalerie, 29.10. – 11.12.2004

Eine abgenützte Zahnbürste, zwei ausgetretene Pantoffeln, zwei über eine Schnur gehängte Unterhosen, eine Fotografie der kleinen Tochter mit einer Puppe oder ein kleiner abgerissener zerknüllter und wieder auseinandergefalteter Zettel mit einer Liebesbotschaft sind Teil von Eva Bertrams Lebensnotizen aus ihrer unmittelbaren Umgebung. In ihrer „lebenslänglichen“ prozessualen Arbeit „Jahr ein Jahr aus“ gibt die Künstlerin mit Objekten, Fotografien, Zeichnungen und Texten fragmentarisch Einblick in intime Momente und Situationen ihres alltäglichen unspektakulären Lebens. Sie reflektiert den alltäglichen Kampf mit der unerträglichen Bedeutungslosigkeit des Seins als Kategorie der Wiederholung. Doch „wo liegt Berlin?“ in dieser Arbeit wie ihre Kontextualisierung in der gleichlautenden Gruppenausstellung der Brotfabrikgalerie nahe legt? Berlin ist jene schnelllebige Stadt, die als Fassade vor den Momentaufnahmen, den scheinbar unbedeutenden Objekten des Alltags, dem Gewöhnlichen liegt.

Nach geografischer Bestimmung liegt Berlin 52 Grad 31 Minuten nördlicher Breite, 13 Grad 24 Minuten östlicher Länge und zirka 34 Meter über dem Meeresspiegel wie die Kuratorin Petra Schröck augenzwinkernd als Postskriptum ihrem Text anfügt. Schon vor mehr als hundert Jahren hat der deutsche Essayist und Literaturkritiker Alfred Kerr als Flaneur und Chronist des Vorkriegsberlins mit seiner lapidaren Frage „Wo liegt Berlin?“ keineswegs streng geografische Bestimmungen gesucht, sondern vielmehr sein von Kritik und Liebeserklärung geprägtes Bild der Großstadt wiedergegeben. So ist der letzte der „Briefe aus der Reichshauptstadt“ vom 25. November 1900 dem Totensonntag gewidmet: „Da regt sich der berlinische Ordnungssinn, die Gräber werden aufgeräumt, daneben erst tritt die Trauer in Kraft.“

Doch seitdem hat…


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