Dieter Buchhart
Archäologische Arbeit hinter der Fassade einer medialen Bildproduktion
Ein Gespräch mit Günther Selichar
Seit Anfang der 1980er Jahre setzt sich Günther Selichar konsequent mit der uns überflutenden medialen Bildproduktion auseinander und arbeitet stets an jenen Schnittstellen, die die Grundlage unserer Mediendemokratie bilden. So dienen Selichar Komponenten einer Mediengesellschaft wie Reproduktionen, Bildschirme, Displays, Blitzlampen oder Scheinwerfer als Untersuchungsobjekte, die er auf das zurückwirft, was sie eigentlich sind: leere Hüllen mit eigener Ästhetik, die erst mittels eingeschleuster Nachrichten, Unterhaltungs- und Werbeinformationen mit Inhalt gefüllt werden. Dabei führen seine präzisen Untersuchungen der zugrundeliegenden abstrakten medialen Grammatik und der entsprechenden technischen Rahmenbedingungen das manipulative Potential dieser apparativen Bilder vor Augen. Der Künstler operiert an der zusehends verschwimmenden Grenze zwischen öffentlichem und privatem Raum, Realtainment und vermeintlicher Privatheit, wobei er das Wechselspiel von Nutzer und Benutztem offen legt. Seine präzisen Analysen begründen seine wohl fundierte Medienkritik, die in Zeiten des Verlustes von Medienpluralität, der medialen Instrumentalisierung im Rahmen des Golfkrieges und der Verquickung von Staat und Medien von höchster Brisanz ist. Selichar schärft nicht nur den Blick der BetrachterInnen für das, was darunter und dahinter liegt, sondern auch für jene Umwälzungen, die im Zuge der Mediatisierung unserer Gesellschaft vollzogen wurden und werden und die in der Ablöse der analogen Primärfarben durch das digitale massenmediale Grundfarbensystem ihr Symbol finden. Schon längst haben wir nicht mehr Angst vor „Rot, Gelb und Blau“, wie Barnett Newman in den 1960er Jahren formulierte, sondern vor dem medialen „Blau, Rot und Grün“, wie Selichar festhält.
Dieter Buchhart: Du wirst als Medientheoretiker sehr…