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Titel: 59. Biennale Venedig - Analyse · von Ann-Katrin Günzel · S. 64 - 71
Titel: 59. Biennale Venedig - Analyse ,

The Milk of Dreams

Eine Tragetasche voller Träume zur Hauptausstellung der 59. Biennale von Venedig
von Ann-Katrin Günzel

Die Kreaturen des der 59. Biennale von Venedig titelgebenden Kinderbuches der surrealistischen Künstlerin Leonora Carrington (1917 – 2011) spielen mit der Idee des Post-Humanen: in einer verzauberten Welt der Träume und Albträume erscheinen sie als Alternativen zu der allzu festgelegten Norm des Menschseins. Ein kleiner Junge, der Ohren so groß wie Flügel hat, so dass der Kopf direkt davonfliegen kann, der doppelgesichtige Senor, der Fliegen verspeist, hybride Monstergestalten … Hier kann jede / r alles werden, ohne dass es festgelegte Körperschemata oder gar -ideale gäbe. Geschlechtergrenzen verschwimmen, Zuordnungen werden aufgehoben, Mischungen aller möglichen Arten sind das Normale.

Cecilia Alemani, die den Titel von Carringtons Buch für ihre in mehrfacher Hinsicht fantastisch kuratierte Hauptausstellung gewählt hat, spannt den Bogen vom Surrealismus zum Post-Anthropozentrismus, der sich in seiner zentralen Erforschung der Definition des Menschseins und der Frage nach der Beschaffenheit des Lebens gegen eine Artenhierarchie wendet und dabei versucht, in der Erkundung von Möglichkeiten, die sich affirmativ mit der Gegenwart auseinandersetzen, die Definitionskriterien des Anthropos kritisch zu hinterfragen und zu verändern. Die posthumane Subjekttheorie der italienischen Philosophin Rosi Braidotti, eine der von Cecilia Alemani für ihre Ausstellung genannten Referenzen, stellt die Selbstherrlichkeit des Anthropozentrismus und den Exzeptionalismus des Humanen in Frage1 und es ist unverkennbar, dass die Ausstellung spielerisch und doch konzentriert Braidottis Aufforderung folgt, das Leben als einen offenen, interaktiven Prozess zu betrachten, der nicht einer bestimmten Art (d. h. dem Menschen) gehört, sondern die vorherrschenden…

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von Ann-Katrin Günzel

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