Adriano Pedrosa
Überall Fremde
Ein Gespräch mit dem Kurator
der 60. Biennale di Venezia 2024
von Heinz-Norbert Jocks
Mit dem 1965 in Rio de Janeiro geborenen Adriano Pedrosa kommt auf der 60igsten Biennale in Venedig, die den Titel Foreigners everywhere trägt, nun endlich der erste lateinamerikanische Kurator zum Zuge, der zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden vermittelt. Gleichzeitig verschafft er Stimmen, AusländerInnen, Emigrat*innen, Expatriates, Exilant*innen und Flüchtlingen Gehör, von denen wir in Europa und Amerika noch nie etwas gehört haben.
Der Titel Foreigners Everywhere ist einer seit 2004 produzierten Werkreihe des französischen Kollektivs Claire Fontaine entlehnt. Dabei handelt es sich um Neonschriftzüge in verschiedenen Farben, die in unterschiedlichen Sprachen die Worte Stranieri Ovunque tragen. Ein Ausdruck, der wiederum von dem gleichnamigen Turiner Kollektiv stammt, das Anfang der 2000er Jahre in Italien gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit revoltierte. Das italienische Wort „straniero“, das portugiesische „estrangeiro“, das französische „étranger“ und das spanische „extranjero“ gehen auf die Wörter „strano“, „estranho“, „étranger“ und „extraño“ zurück, die auf Außenseiter*innen verweisen.
Pedrosa, der sich selbst als „Außenseiter der Kunstgeschichte“ bezeichnet und keinen Hehl daraus macht, queer zu sein, hat in Rio de Janeiro Rechtsund Wirtschaftswissenschaften studiert. Am California Institute of the Arts spezialisierte er sich auf Kunst und kritisches Schreiben. Im Laufe seiner beruflichen Laufbahn war er für Artforum, Flash Art, Mousse, Frieze, The Exhibitionist und Manifesta Journal tätig. Zuletzt wurde er vom Central for Curatorial Studies am Bard College in New York mit dem Audrey Irmas Award for Curatorial Excellence 2023 ausgezeichnet.
Seit 2014 ist er künstlerischer Leiter des Museu de…