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Titel: 60. Venedig Biennale - Biennale Gespräche · von Heinz-Norbert Jocks · S. 232 - 236
Titel: 60. Venedig Biennale - Biennale Gespräche , 2024

60. Venedig Biennale: Gespräche
Ersan Mondtag und Yael Bartana

Eine Archäologie der Deutschen Geschichte

Ersan Mondtag

Heinz-Norbert Jocks: Sie sind kein bildender Künstler, sondern Theaterregisseur. Wie sehen Sie Ihre Arbeit im Pavillon?

Ersan Mondtag: Sie lässt sich nicht in wenigen Sätzen resümieren. Mein Ausgangspunkt war die Geschichte des Ortes. 1909 ursprünglich als Bayerischer Pavillon errichtet, wurde er durch die Nazis 1938 für die monumentale Selbstdarstellung des Dritten Reiches vergrößert. Bei der Durchsicht bisheriger künstlerischer Auseinandersetzungen habe ich mich mit Hans Haacke beschäftigt, der den von Hitler betretenen Boden herausgerissen hatte, und natürlich mit Maria Eichhorn, die 2022 wie eine Archäologin die Veränderungen der Pavillonarchitektur durch die Nazis freigelegt hat. Nachdem viele frühere Arbeiten in Bezug auf den Nationalsozialismus konzipiert wurden, fragte ich mich: Wie lässt sich dieser historische Kontext erweitern? Darum definierte ich den Pavillon für mich nicht nur als einen faschistischen, vielmehr als einen die gesamtdeutsche Geschichte repräsentierenden Raum und setzte zwei andere historische Schwerpunkte. Ich konzentrierte mich auf die Zeit vor und nach 1968 und das Migrations-Anwerbeabkommen mit den Gastarbeitern sowie auf die Wendezeit. Das sind zwei Fäden deutscher Geschichte, die, noch nicht ausreichend aufgearbeitet, unterrepräsentierte Narrative beinhalten.

Bei meinen Recherchen stieß ich auf die persönliche Historie meiner Familie und insbesondere auf die meines Großvaters, der 1968 als einer der ersten türkischen Gastarbeiter nach Deutschland kam. Bei seiner Tätigkeit wurde seine Lunge durch Asbestpartikel zersetzt, weshalb er früh an Krebs starb. Ich wollte mehr…


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von Heinz-Norbert Jocks

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