Ästhetik des Gehens
30 Bildpaare & Gedankengänge
Eine kuratorische Wegbegleitung von Paolo Bianchi
Warum machen sich Menschen zu Fuß auf den Weg? Was ist es, was sie dazu bewegt? Sie müssen gehen, „weil das Leben gestaltet werden muss, damit es wahrgenommen werden kann, und weil das Gehen ein wunderbares Mittel ist, um diese Agenda zu realisieren. Weil das Gehen also eine Lebenseinstellung ist.“1
So schreibt der routinierte Viel-Geher und Kulturgeschichtler Aurel Schmidt. Er findet auch zu einer sehr einleuchtenden Formel des Gehens: „Es geht oder es geht nicht, entweder das eine oder das andere. … Mit dem Verhältnispaar gehen / nicht gehen ist eine Ur-Binarität hergestellt. Das Gehen stellt gewissermaßen den Zugang zur Welt her, das Nichtgehen vereitelt ihn.“2 Wie verblüffend klar sich das Denken durchs Gehen darstellt. Das zu erleben heißt: einfach gehen!
Der vorliegende Versuch übers Gehen entspringt dem Impuls, der Spur einer Ars ambulandi zu folgen, das Gehen als Phänomen besser zu begreifen und den Veränderungen von Ausdruck und Wahrnehmung in unserer Gehkultur nachzugehen. Der das Thema durchstreifende Blick gelangt dabei an Ränder, fokussiert kurz auf Mode, Literatur, Musik, Alpinismus oder die Wissenschaft. Die Funde zu einer visuellen Kultur des Gehens präsentieren sich nachfolgend als Bildpaare mit gegenläufigen Begriffen. Das entspricht der Erkenntnis, dass sich Welterfahrung auch durch ein unauflösbares Ineinander von dynamischen Gegensätzen bestimmt.
Das kuratorische Ausbreiten eines ästhetischen Panoramas zum Erlebensraum des Gehens ist ohne den Bezug auf verschiedene Fallbeispiele aus der Welt und Praxis des Ausstellungsmachens kaum vorstellbar. Wertvolle und aktuelle Quellen sind die folgenden relevanten Projekte: „Solo Walks“…