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Monografie · von Peter Funken · S. 242 - 253
Monografie , 2008

Peter Funken
Bernd Koberling

Malerei als geistiges Gegenmodell

Dieser Mann ist energetisch, er hat die Gabe leidenschaftlich zu sprechen und seine Bilder haben suggestive Eigenschaften. Wir sitzen in Bernd Koberlings Kreuzberger Atelier, es ist früher Abend, der Blick aus dem Fenster geht über monotone Flachbauten – Zementlager, Speditionen, die Spree, dahinter der Ostbahnhof, Straßen, Autos, Graffitis – darüber ein großer blauer Himmel. Abenddämmerung, die Kuben der Industriearchitekturen verschwinden in der Dunkelheit. Koberling arbeitet an verschiedenen Bildern, am Boden, gleichzeitig. Viele Schichten Gesso sind auf jeder Platte, bis eine ultra-dichte, ideale Malfläche entstanden ist. Er malt mit flüssiger Arcylfarbe, die sich langsam trocknend mit dem Bildgrund verbindet. Farbschichten und Farbverläufe mischen, überlagern sich, es entwickelt sich eine unglaublich transparente Strahlkraft. Vor dem fast weißen Untergrund entstehen Vernetzungen, Kulminationen, Brennpunkte, feine Farbkonstrukte und Ablagerungen, die von innerer Bewegung und geistiger Facon berichten, von einem Gebiet jenseits der Pupille, einer Welt, die man am ehesten im Pflanzlichen und Kristallinen vermutet. Die Wirkungsweise der Farben ist geplant – vom Künstler, der seine Bilder wie ein Konstrukteur kalkuliert. In Koberlings neuen Arbeiten ist die Natur der Farben zum vorrangigen Thema geworden. Man muss seinen Kunst- und Naturbegriff als einen radikalen und konkreten begreifen. Es ist etwas an seiner Malerei, das sich der Beschreibung entzieht, etwas Vorsprachliches und doch Konkretes – es ist die Farbe als einmalig wunderbare Erscheinung im Substrat des Pigments, nahe der Alchemie, jenseits von Farbsymbolik. Mit seinem künstlerischen Unterfangen ist eine Art von Selbstversuch mit Anspruch auf Standortbestimmung und Entwicklung gemeint, immer vor dem…


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