Baden-Baden
Boris Mikhailov
The Space Between Us
Staatliche Kunsthalle 16.11.2019 – 09.02.2020
von Michael Hübl
Ein Zettel als Schlüssel zum Werk von Boris Mikhailov. Das kleine schreibmaschinengetippte Dokument liegt in einer Vitrine, unscheinbar und somit wie eine Randnotiz zu der monografischen Ausstellung, mit der die Kunsthalle Baden-Baden das Werk des ukrainischen Künstlers würdigt. Der Schaukasten ist mit Schwarzweiß-Fotografien bestückt, dazu die schriftliche Erklärung, die mit den Sätzen beginnt: „These photographs are dedicated to the Blaue Horse group. This group or movement of young people, many of whom were students in my home city at the end of the 1950s, deep in the Soviet times, loved the Beatles, danced to rock and roll and dreamt about the West freedom.“ Im weiteren Verlauf des knappen Textes verweist Mikhailov auf die Repressionen, denen die jungen Leute seitens des Staates ausgesetzt waren; man hat sie der Pornografie bezichtigt, neben der Einweisung in die Psychiatrie eines der Mittel, um Oppositionelle in der UdSSR fertig zu machen, wie Mikhailov schreibt.
Dem Vorwurf der Pornografie war auch Mikhailov ausgesetzt. Nach seinem Elektrotechnik-Studium in Charkov / Charkiv arbeitete er bei den städtischen Verkehrsbetrieben, bevor er eine Stelle in einer Fabrik für Raketenbau erhielt. Nebenbei fotografierte er, versuchte sich in Aktaufnahmen seiner Frau Vita. Die Filme entwickelte er im betriebseigenen Labor mit der Folge, dass er Opfer des sowjetischen Spitzelsystems und entlassen wurde. Der KGB hatte Mikhailov als Porno-Fotografen abgestempelt. Der fand gleichwohl wieder eine Anstellung, und sollte der Geheimdienst kalkuliert haben, der Elektro-Ingenieur werde durch das Labelling der Fotografie abschwören, so ging…