Dieter und Gertraud Bogner
Das Gequälte Quadrat
ZUM STREIT DER »GEOMETRIEN« IN THEORIE UND PRAXIS. (1),
KONSTRUKTIV – DEKONSTRUKTIV – KONZEPTUELL
HERAUSGEGEBEN VON DIETER UND GERTRAUD BOGNER,
ANLÄSSLICH DES 4. BUCHBERGER KUNSTGESPRÄCHES
Obwohl der Titel des diesjährigen Buchberger Kunstgesprächs -»Das gequälte Quadrat«- als das Ergebnis einer `zeitgeistigen’ Pointensuche erscheinen mag, handelt es sich um die im Einverständnis mit dem Künstler erfolgte Aneignung der Werkbezeichnung einer von Peter Weibel bereits 1976 hergestellten Installation. Diese hat sich als Schlüsselwerk einer große Zahl seiner späteren Raum- und Videoinstallationen erwiesen. Das dort angewandte Gestaltungsprinzip, das die Realitätsproblematik visueller Wahrnehmung beim Wechsel von drei in zwei Dimensionen (und umgekehrt) behandelt, ist Ausdruck einer zutiefst `konstruktiven’ künst- lerischen Konzeption. Der Negativgehalt des Titels steht jedoch in Widerspruch zur grundsätzlich positiv orientierten Ideenwelt der traditionellen konkret-konstruktiven Kunst. Auf Grund des sowohl im begrifflichen als auch im visuellen Bereich bei Weibel vollzogenen Bruchs mit der Idealität des Quadrats, der `heiligen’ Ikone geometrischen Gestaltens im zwanzigsten Jahrhundert, hat sich sein Werktitel als `Logo’ für eine Diskussion über den gegenwärtigen Stand nachkonstruktivistischer Kunst und deren unterschiedliche Theorien angeboten.
Der Entschluß zur Verwendung dieser Werkbezeichnung enstand als Reaktion auf die vehemente Ablehnung, die der ursprüngliche Arbeitstitel des Symposions, `Die Aktualität des Konstruktiven’, vor allem bei jüngeren Künstlern und Theoretikern gefunden hat. Diese Formulierung sollte einen Bogen zum ersten Buchberger Kunstgespräch schlagen, das vor genau zehn Jahren am Beginn des Aufbruchs zahlreicher bilderhungriger Theoretiker und Ausstellungsmacher zu den Ufern der Jungen Wilden als Außenseiterveranstaltung das Thema `Theorie und Praxis der konstruktiven Kunst heute’ behandelt hat.1
Die Vorbehalte, die in…