Julia Lohmann
Der chinesische Geist von Beuys
Ein Gespräch von Heinz-Norbert Jocks
1951 in Tientsin geboren, studierte Julia Lohmann von 1971 bis 1978 an der Kunstakademie Düsseldorf bei Erwin Heerich und Joseph Beuys. Seit 1996 hat sie eine Gastprofessur an der Academy of Fine Arts Tianjin, China, inne. Heinz-Norbert Jocks traf sie in Düsseldorf.
Nun war China, als du das Land für dich entdecktest, aus europäischer Sicht noch sehr weit weg. Woher kommt deine Nähe zu diesem so fernen Land?
Heute ist die halbe Welt „made in china“, und damals war die Volksrepublik zwar als Subtext vorhanden, aber nicht bereisbar. Während meines Studiums in den 70ern gab es neben der sogenannten “Realismusdebatte“ die legendäre Mao-Bibel schon auf Deutsch. Von Bertolt Brecht hatte ich außer dem Gedicht über Lao Tse auch sein Theaterstück „Der gute Mensch von Sezuan“ gelesen. Um sein episches Theater zu konzipieren, orientierte er sich sowohl an der jüdischen Kultur als auch an der Pekingoper mit ihrem Hang zur Stilisierung, die er in Moskau zum ersten Mal gesehen hatte. Deren Bedeutung für seine Vorstellungen von Theater spiegelt sich im Ausstellungscharakter sowie in der Betonung des Artistischen wider. Neben formalen gibt es auch inhaltliche Bezüge. So bezieht der “Kaukasische Kreidekreis” seinen Stoff aus einer Geschichte der Yuan Dynastie (1200- 1400 n. Chr.), die sogar ein Klassiker für chinesische Rechtssprechung ist. Über alles das kam ich nach China.
Aus dem, was du sagst, tönt, dass du dich selbst mit der Pekingoper befasst hast.
J.L.: Ja, und das fing an, noch ehe ich die Pekingoper Mitte…