Heinz-Norbert Jocks
Miao Xiaochun
Pekinger Tatorte: Ein Atelierrundgang
Miao Xiaochun, 1964 in Wuxi geboren, heute Professor an der Zentralakademie der Schönen Künste im Bereich von Fotografie und digitale Medien, absolvierte von 1995 bis 1999 ein zweites Studium in Kassel. Der Aufenthalt in der fremden Kultur brachte ihn dazu, Fremdheit nicht nur geografisch zu lokalisieren. In seinen digital bearbeiteten Großformaten lässt er deshalb sein Alter Ego in der gegengängigen Gestalt eines klassischen Gelehrten auftreten. Versehen mit seinen Gesichtszügen und bekleidet mit der Robe und Kopfbedeckung eines chinesischen Beamten aus der Song- und Tang-Dynastie, in der ein reger Austausch zwischen Religionen und Kulturen bestand, trifft man ihn an den unterschiedlichsten Orten Chinas.
Geleitet von der Frage, woher komme ich und wohin gehe ich, bringt Miao Xiaochun die starken Gefühle, die er als Chinese in Europa hatte, so zum Ausdruck, dass er ein Selbstbildnis entwirft, das die chinesische Kultur repräsentiert. Erst seit 2002 verwendet der dem Existentiellen auf den Grund gehende Fotograf die farbige Digitaltechnik mehr wie ein Maler, der es nicht nur bei einer Perspektive belässt, sondern bis zu 70 Einzelaufnahmen miteinander montiert. „Ich mache das, weil ich möchte, dass die Kamera meinen Augen folgt, statt umgekehrt. Ich möchte das nachstellen, was ich gesehen habe, und auch der Computer soll sich mir so anpassen, dass er zum Vehikel meines subjektiven Sehens wird. Das menschliche Auge ist ja in der Lage, die Dinge im Hintergrund ebenso scharf zu stellen wie die im Vordergrund. Deshalb liegt mir daran, alles, was ich gesehen habe, sämtliche…