Gu Dexin
Ein Sofa, gepolstert mit vergänglichem Fleisch
Ein Gespräch von Heinz-Norbert Jocks
Gu Dexin, 1962 in Peking geboren, Autodidakt, nahm 1989 an der berühmten „China/Avantgarde“-Ausstellung in Peking und im gleichen Jahr, zusammen mit Huang Yong Ping, an der von Jean-Hubert Martin kuratierten Ausstellung „Magiciens de la Terre“ in Paris teil. In seinen Installationen ist deren Widerständigkeit ein ebenso wesentlicher Faktor wie das Verstreichen von Zeit. Er verwendet bei seinen Projekten neben Tierherzen oder Tierhirnen auch größere oder kleinere Fleischklumpen und frisches Obst wie Bananen, Äpfel oder Erdbeeren, das vor sich hinfault. Darüber hinaus gebraucht er auch Kunststoffe, Plastik und andere Materialien. Ob er 2001 anlässlich der Ausstellung „Living in Time“ eine Rasenfläche vor dem Hamburger Bahnhof mit vor sich hinmodernden Äpfeln bedeckte oder einen roten Teppich vor einem monochromen Rot in Goldrahmen ausrollte, um darauf am anderen Ende, gegenüber dem Bild, ein mit rotem Fleisch gepolstertes Sofa zu platzieren, stets handelt sich um extreme, die Vergänglichkeit von Kunst und Mensch vergegenwärtigende Experimente, mit denen er Irritationen beim Betrachter provoziert. Wenn er zur Teilnahme an Ausstellungen an Orten wie Spielkasinos, Kirchen oder ehemaligen Militärstützpunkte eingeladen wird, so bezieht er deren Geschichte mit in sein vor Ort entwickeltes Konzept ein. Mit ihm, der sich sonst nie auf Interviews einlässt und für den es in einem Kunstwerk weder Anfang noch Ende gibt, traf sich Heinz-Norbert Jocks in Peking zu einem überraschenden Gespräch.
H.-N.J.: Wo bist du aufgewachsen?
Hier, zwischen dem zweiten und dem dritten Ring und innerhalb des dritten Rings außerhalb des zweiten. Damals war das…