CARSTEN HÖLLER
DER GERUCH, DIE VOGELJAGD, DAS ESSEN UND DIE KUNST
EIN GESPRÄCH VON HEINZ-NORBERT JOCKS
Carsten Höller, der zusammen mit Rosemarie Trockel die Besucher der documenta 10 in einen Schweinestall lockte, in dem Glotzer zu Beglotzten mutierten, ist nicht nur ein Künstler, der die Frage nach Glück und Zukunft erneut stellt und das evolutionstheoretische Weltbild bewusst bis zur Absurdität strapaziert. Zugleich auch ein Vogelliebhaber und -Esser und ganz Auge und Ohr, sobald er Vögel am Himmel ihre Kreise ziehen sieht. Im Dienste einer Brüssler Vogelwarte fing der Sohn zweier deutscher AG-Angestellter Amsel, Drossel, Fink und Star, beringte sie und ließ sie wieder fliegen. Heute reflektiert er über das Verhältnis von Mensch und Tier, ergründet, warum wir Tierfleisch essen, und wendet sich gegen jede Form der Barbarei bei der Tierhaltung und Tiertötung . Mit ihm, der in Stockholm lebt, aber in Köln noch ein kleines Büro unterhält, sprach Heinz-Norbert Jocks im Kontext von Essen und Kunst über die Einbeziehung von Tieren in seine Kunst. Über die Unbegreiflichkeit von Tieren und deren Fremdheit. Über deren Essbarkeit und die Kunst, die darum kreist.
Heinz-Norbert Jocks: Was bedeutet die Einbeziehung von Tieren in deiner Kunst?
Carsten Höller: Die Frage lässt sich so nicht beantworten. Bei einzelnen Projekten wie dem Haus für Schweine und Menschen (1997) gingen wir (Rosemarie Trockel und ich) zunächst von der Frage aus, wie es möglich ist, dass die dem Humanismusbegriff zugrunde liegenden ethischen Vorstellungen bei der Produktion von Schweinefleisch plötzlich, nahezu ohne graduellen Übergang, auf Null zurückfallen. Erst das vollkommene Unverständnis der Tiere,…