HANS-JÜRGEN HAFNER
Malerei ohne Malerei
Museum der bildenden Künste Leipzig, 31.1. – 7.4.2002
Eine aus Erfahrung bestens bekannte Bild-Situation: der Künstler sitzt – mit Rücken zum Betrachter – an der Staffelei, ihm gegenüber posiert sein Modell; die Atelierszenerie lebt von subtiler Lichtregie. Nach links schließt ein ‘zum Greifen nah’ inszenierter Vorhang das Bild, genauer den etwa mittelgroßen C-Print ab und vermittelt zugleich als Übergang zwischen Bildebene und Betrachterposition.
“The Art of Squatting”, also etwa ‘Die Kunst des Hausbesetzens’ ist die Fotoinszenierung des Briten Tom Hunter (Jg. 1965) betitelt. Spricht soziale Thematiken, aktuelle Probleme an. Dieses Atelier wirkt mit seiner lausigen Einrichtung, dem bröckelnden Putz in der Tat schäbig. Noch der Bildträger, den der Künstler – mit punky Blondschopf, in eine Art Pyjama gekleidet – bearbeitet, ist Provisorium, ein DiY-Produkt wie die Hifi-Box, die in der rechten oberen Raumecke hängt. Obwohl die Szene nicht exakt aufs Jahr, auf eine bestimmte Art von Mode oder gesellschaftliches Umfeld festzulegen ist, wirkt sie zumindest zeitgenössisch.
Hunters “neuer neurotischer Realismus”, so das Kunstmarkt-Label, bedient sich allerdings einer bekannt-bewährten Folie. Die Arbeit reinterpretiert Jan Vermeers “Die Malkunst” (1665): übernimmt die Komposition des Gemäldes bis ins Detail, erweitert und aktualisiert in kleinen Pointen ebenso wie durch die Veränderung des Settings.
“Malerei ohne Malerei” ist der suggestive und gleichzeitig illustrative Titel einer – mit einer Künstlerliste von John M. Armleder über Donald Judd bis Marijke van Warmerdam und Joyce Wieland üppig bestückten – Ausstellungskooperation des Museums der bildenden Künste Leipzig mit dem Siemens Arts Program. Tom Hunters Fotoarbeit fungiert in dieser Schau repräsentativ…