GÜNTHER UECKER
Die in der Gegenwart hysterisch vollzogene Zeremonie des Abschieds
EIN GESPRÄCH VON HEINZ-NORBERT JOCKS
Es hat sich als viel zu eindimensional erwiesen, das Werk von Günther Uecker rein kunsthistorisch zu entschlüsseln. Seit der schöne Aspekt des Reisens ins Rampenlicht der Betrachtung gerückt wurde, herrscht Klarheit darüber, dass seine Kunst, irrtümlicherweise immer nur auf den Fetisch des Nagels reduziert, ein stark existentielles Fundament aufweist. Die Einbeziehung des Körpers, die jährlichen Aussetzungen auf den Kontinenten unserer Welt, die Beschäftigung mit fremden Kulturen, ob in Asien, Südamerika oder Europa, das stundenlange Ausharren vor Motiven in der Natur, das Eintauchen in die Weltreligionen, das alles macht deutlich, dass dieser Mann, der Erlebnisse in Erfahrung übersetzt, sich mit Raum und Zeit ganz existentiell beschäftigt. Mit ihm sprach Heinz-Norbert Jocks über Abschiedsblicke, Zeit- und Raumerfahrungen.
Der Abschied von der Welt
Heinz-Norbert Jocks: Sie sagten einmal, Sie hätten mit Vierzig begonnen, sich von der Erde zu verabschieden?
Günther Uecker: Nein, nicht von der Erde. Man strebt sozusagen dahin und wird wieder zu Erde, und manche wollen auch in der Erde begraben werden. Ich weiß nicht, ob ich mich verbrennen oder begraben lassen soll. Also man kann sich nicht von der Erde verabschieden. Was ich damals meinte, war, dass ich mich auf den Spuren der noch sichtbaren Erinnerung befinde und Abschied vom Sichtbaren der Welt nehme.
Was hat es mit dem Abschied im Alter von 40 Jahren auf sich? Keine Midlife-Krise?
So kann man das nicht sagen. Damals aus Polen zurück, veränderte sich die Welt. Auf der einen Seite wurden immer mehr Länder…