JAN DIBBETS
Licht und Zeit
EIN GESPRÄCH VON HEINZ-NORBERT JOCKS
Jan Dibbets, 1941 im holländischen Weert geboren und seit 1984 Professor an der Kunstakademie in Düsseldorf, lebt in Amsterdam. Wie kein anderer systematisierte er den Verlauf von Zeit zu visuellen Informationen und gelang über grafische Fotosequenzen zu einem verblüffend einfachen Verfahren, um die Denkkategorie Zeit als Ablauf zu schematisieren und zu versinnlichen. Für seine Arbeit The shortest day at the Van Abbemuseum wählte er als Maßeinheit den kürzesten Tag des Jahres 1970, nämlich den 21. Dezember aus. Aus dem Inneren des Museums heraus fotografierte er im Laufe des Tages insgesamt achtzigmal den gleichen Fensterausblick auf den gegenüberliegenden Häuserblock, ohne die Kameraposition und den Bildausschnitt zu verändern. Zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang entstanden so Farbaufnahmen in einem Zeitintervall von 6 Minuten. Klar, dass sich die Lichtverhältnisse in den Bildern verschieben und verändern, und erstaunlich, dass dabei der Prozess der Erdrotation sichtbar wird.
Obwohl er fotografiert, sieht er sich in der Tradition der Malerei, von der er sich verabschiedet hat. Über sich sagte er einmal: “Ich bin kein Fotokünstler, sondern Maler. Was die Malerei vermag, nämlich Fantasie erzeugen und aus dem Geist schöpfen, das ist etwas, was ich mir als Aufgabe gestellt habe, aber mit Hilfe der Kamera. Die Fotografie im engeren Sinne ist oft zu dicht an der Wirklichkeit dran. Für mich ist die Realität nur ein Nebenprodukt der Fotografie.” Was er mit den Mitteln der Fotografie bewirkte, war die Vertreibung der Zentralperspektive aus dem Zentrum per Addition von verschiedenen Standpunkten eines Motivs. Mehr noch,…