Anja Osswald
Die nicht mehr schöne Natur
Ästhetik und Ökologie in der Moderne
Ökologie als neues Paradigma der Kunst?
Spätestens seit Joseph Beuys’ Aktion „7000 Eichen“ anlässlich der documenta 7 im Jahr 19821 hat der Begriff der Ökologie Einzug in die Kunst gehalten. Trotzdem führte er dort bis vor kurzem eher ein Nischendasein und wurde von den Promotern des Kunstmarkts mit einem durchaus skeptischen Lächeln bedacht. Die sogenannte Öko-Kunst hat immer einen Touch von Räucherstäbchen und selbst gestrickten Pullovern gehabt. Erst in jüngster Zeit erfährt der ökologische Aspekt dort eine immense Aufwertung. Im Zuge von Klimawandel und knapper werdenden Ressourcen bekommt die Auseinandersetzung mit einer ökologisch motivierten Ästhetik einen neuen Stellenwert. Nachhaltigkeit und Verantwortung sind Begriffe, die zunehmend auch künstlerische Debatten prägen; das Thema Ökologie erhält Glamourfaktor, ebenso wie Green Design, Slow Food und der ganze „Lifestyle of Health and Sustainability“ (LOHAS).
Doch was ist „Ökologie“? Und was genau meint eine ökologische Ästhetik? Die erste Definition des Begriffs Ökologie hat 1866 der Biologe Ernst Haeckel vorgelegt: „Unter Oecologie verstehen wir die gesamte Wissenschaft von den Beziehungen des Organismus zur umgebenden Außenwelt, wohin wir im weiteren Sinne alle ‚Existenz-Bedingungen‘ rechnen können.“2 Wenn man mit Haeckel die Ökologie im Sinne einer Haushaltslehre definiert, die sich mit den Wechselwirkungen zwischen unterschiedlichen Systemen und ihren biologischen bzw. gesellschaftlichen Bedingungen befasst, dann kann man sagen, dass Kunst immer schon ökologisch ist, insofern sie die Beziehungen zwischen Mensch und seiner Umwelt thematisiert. Jedes Landschaftsgemälde, jede Naturlyrik gibt Auskunft über einen Begriff von Natur in einer je historisch definierten…