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Titel: Bild und Seele · S. 229 - 231
Titel: Bild und Seele , 1989

Roman Buxbaum
Ein Außenseiter unter den Außenseitern

ÜBER MIREK TICHY

Der in einer tschechischen Kleinstadt lebende Mirek Tichy (*1925) ist als Fotograf ein Sonderfall, eine Ausnahmeerscheinung ohnegleichen unter Außenseitern. Die “Monstrosität” seiner selbstgebastelten Fotoapparate, mit denen er Bilder von intensiver Sinnlichkeit und Erotik aufs Negativ zu bannen vermag, ist unglaublich und faszinierend zugleich. Ungewöhnlich ist auch seine Vorgehensweise. Für Tichy ist der fotografische Moment ein Augenblick, der Bruchteil einer Sekunde, und er lauert ihm auf wie einem wilden Tier.

Mirek Tichy ist in mancher Hinsicht ein Außenseiter unter “Außenseitern”. Er hat eine akademische Ausbildung. Nach dem Gymnasium besuchte er die Kunstakademie in Brünn. Bis etwa 1955 malte und zeichnete er intensiv, pflegte regen Kontakt mit anderen avantgardistischen Malern in der Region und nahm auch an Ausstellungen teil. Seine künstlerische Arbeit in dieser Zeit orientierte sich vor allem an kubistischen und expressionistischen Vorbildern, im speziellen an Picasso, aber auch an Matisse. Die Themen dieser frühen Bilder sind Stilleben, Frauenbildnisse und szenische Darstellungen von Frauen, etwa Tänzerinnen. Sie werden in leuchtenden, expressiven Farben abgehandelt, dies in Anlehnung an die kubistische Formgebung mit den schwarzumrandeten Flächen. Es ist wichtig zu wissen, daß es zu jener Zeit für einen Künstler in der Tschechoslowakei nicht ganz ungefährlich war, sich mit moderner Malerei auseinanderzusetzen. Tichy und seine Malerfreunde entsprachen keinesfalls dem Vorbild des sozialistischen Realismus und wurden – es war der Höhepunkt der Stalinära – heftig kritisiert.

In dieser Zeit, den späteren 50er Jahren, kam es bei Tichy zu Veränderungen. Der bis dahin sehr gepflegte und von Frauen umschwärmte junge…


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