Göttingen
Emilija Škarnulyte
Multimedia-Installationen & Skulpturale Objekte
Kunsthaus 03.02.–21.04.2024
von Rainer Unruh
Finsternis erfüllt den Raum wie schwarzer Nebel. Es ist im Erdgeschoss des Kunsthauses Göttingen so dunkel, dass man anfangs gar nicht sieht, in welcher Beziehung man zur Kunst steht: nämlich mittendrin. Vor einem erstreckt sich auf der ganzen Breite der Wand die Tiefsee. Leuchtpunkte schießen durch die ewige Nacht und hinterlassen Spuren. Im Rücken des Besuchers setzt sich die Projektion fort. Man fühlt sich wie in einem U-Boot mit einer Rundumverglasung. Dazu tragen auch die Geräusche eines Sonars bei, die durch den Raum hallen. Auf einer dunklen, mit reflektierender Folie bezogenen Bodenplatte stehen Glasskulpturen. Hybride Objekte, die halb wie eine technische Konstruktion anmuten und halb wie das Ergebnis geologischer Prozesse.
Emilija Škarnulyte fügt in ihren Installationen mit traumwandlerischer Sicherheit zusammen, was wir in Alltag und Wissenschaft sonst meist sorgsam trennen: das All und das Meer, Archäologie und Science-Fiction, Quantenphysik und Mythologie. Besonders eindrucksvoll gelingt ihr dieser Mix in t 1 / 2 (2019). Der Titel stammt aus der Physik und bezeichnet die Halbwertszeit, also die Zeitspanne, in der die Hälfte der radioaktiven Kerne zerfallen ist. Teile des 18 Minuten langen Videos, das im ersten Obergeschoss gezeigt wird, wurden im CERN gedreht, dem internationalen Kernforschungszentrum in der Nähe von Genf. Dort arbeiten mehrere tausend Menschen. Keiner von ihnen kommt in dem Film vor. Stattdessen gleitet die Kamera durch menschenleere Räume und Gänge. Kein Ausgang, nirgends. Architektur, die auf reine Funktionalität reduziert ist.
Einmal taucht doch ein Lebewesen auf. Da sind wir längst an einem…