Great Mother Artists?
Familiäre Verkörperungen von Kreativität und Mutterschaft
von Sabine Kampmann
Mutterdarstellungen in der Malerei galten lange Zeit als klischeebehaftet. Gut oder böse, Heilige oder Hure, ein Dazwischen schien es nicht zu geben. Das ändert sich gerade. Zeitgenössische Maler*innen erschaffen Bildwelten, die Alltagsszenerien und ‚echte‘ Familienkonstellationen zeigen und kreieren damit en passant ein neues Mutterbild. Zu ihnen gehört Marcela Böhm, deren malerische Erzählungen alltägliches Leben von Familien und Kindern zeigen – allerdings stets im Grenzbereich zwischen harmonischer Normalität und Katastrophe. Ihr Mamá betiteltes Bild [02] zeigt ein vermeintlich harmloses Pferd-und-Reiterspiel: Ein nicht mehr allzu kleines Kind klammert sich an den Rücken der Mutter, die auf allen Vieren durch eine Waschküche kriecht. Das Interieur ist sonnenbeschienen und bunt, auf den blankpolierten Kacheln spiegeln sich Haushaltsgegenstände und Menschen gleichermaßen. Doch das Spiel bekommt eine unheimliche Dimension, wenn der fast schwarz verschattete Kopf der Frau zu einer Art Heizungskessel in eine dunkle Ecke des Bildes drängt. Die körperliche Nähe von Mutter und Kind erhält beklemmende Untertöne, in denen sich Erschöpfung, Verzweiflung und eine diffus herannahende Gefahr andeuten.
Zeitgenössische Maler*innen erschaffen Bildwelten, die Alltagsszenerien und ‚echte‘ Familienkonstellationen zeigen und kreieren damit en passant ein neues Mutterbild.
Ähnlich verhält es sich mit der Darstellung eines Antrittsbesuchs beim neugeborenen Familienmitglied. Alles scheint geordnet: Die Erwachsenen sitzen essend und trinkend am Tisch. Die junge Mutter liegt mit geschlossenen Augen und dem Kind auf dem Bauch auf einem Sofa im Vordergrund. [03] Doch der von Böhm erschaffene Bildraum spricht eine andere Sprache. Spiegelungen und architektonische Durchblicke erzeugen klar voneinander getrennte Raumzonen….