Liu Shangying
When Nature Makes Art
Ein Gespräch von Heinz-Norbert Jocks
Seit 2011 zieht es den 1974 in Kunming, der Hauptstadt der Yunnan Provinz geborenen Maler Liu Shangying wiederholt in die Wildnis. Nach Tibet ebenso wie in die Innere Mongolei oder zu anderen abgelegenen, entvölkerten Orten, in denen sich Schönheit und Grausamkeit die Waage halten. Sein Malen in extremer Hitze oder Kälte ist kein Abbilden der Natur, vielmehr eine Art körperliche und geistige Erlösung. Er stürzt sich in die Wildnis aus dem inneren Verlangen heraus, eine geistige Brücke zwischen Malerei und Natur zu schlagen.
Heinz-Norbert Jocks: Du bist in Kunming, der Hauptstadt der Yunnan Province in China geboren. Was erinnerst du?
Liu Shangying: Vor allem, dass ich meine ersten drei Lebensjahre in Kunming verbrachte. Danach schickten mich meine Eltern zu meinen Großeltern in die Innere Mongolei für zwei Jahre, weil sie sich auf die Aufnahmeprüfungen für das Masterstudium vorbereiten mussten. Dass ich damals eine tiefe, bis heute anhaltende Verbindung zu diesem Territorium empfand, war mir nicht bewusst. Vor allem erinnere ich mich an die endlosen Graslandschaften, die in mir starke Gefühle, einen Schock auslösten. Als Fünfjähriger zog ich mit meinen Eltern nach Peking, wo mir im Kontrast zur unendlichen Weite der Steppe alles klein und eng vorkam. Bei meinen Großeltern war ich von Tieren umgeben, von Kühen, Schafen, Pferden und Hunden. Wie die Schweine, mit denen ich in den Ställen spielte, war ich oft mit Schlamm bedeckt. In der Stadt kamen mir wiederholt Erinnerungen an mein frühes Leben draußen in der…
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