Gladbeck
Viola Relle & Stefan Müller
Flirren ist menschlich
Neue Galerie 23.02.–21.04.2024
von Claudia Posca
Vom Irren, das menschlich ist zum fiebrigen Flirren von Ding und Verstand ist der Weg nicht weit. Es sei denn jemand legt Wert auf eine Welt am Kleiderhaken, wohl sortiert, mit Gummiband drum rum, kein Zittern, kein Ausfransen, kein Nervenkitzel: Adé fröhliche Wissenschaft. Wer aber will schon das Aus für Poesie und vagabundierende Sinnsuche? Genau hier setzt die von Luisa Schlotterbeck einfühlsam kuratierte Doppelausstellung mit Keramiken von Viola Relle (* 1992 in Budapest) und Malerei von Stefan Müller (* 1971 in Frankfurt) in der Neuen Galerie Gladbeck an. Flirren ist menschlich, – der Motto-gebende Ausstellungstitel mit Sympathie fürs Cross-Over wider die Vermessung von Kunst und Leben hat die erfrischende Energetik feinster Überraschungen. Was mäandernde, was ausgefallene Guck-Erlebnisse sind in einem sparsam bestückten, doch umso intensiveren Ausstellungsparcours: Hier die hybride Verschmelzung von Körper, Architektur und biomorpher Organik in meisterlich glasierter, rätselhafter Keramik von Viola Relle, dort die flottierenden Kürzel im Antigrav-Modus der verschwebenden Malerei Stefan Müllers, wo sich figurativer Restbestand still und leise davon stiehlt. Und da sich dieses Kontrastprogramm am selben Ort im selben Raum versammelt findet, doppelt es den Esprit einer Schau, die das Zeug hat der Entzauberung der Welt entgegen zu wirken: meditativ, phantastisch, immer verletzlich-subjektiv und auf je unterschiedliche Weise mal die Entdinglichung der Welt im Kosmos selbstreflexiver Malerei, mal im vieldimensionalen Raum einer buchstäblich verrückten, die Terracotta neu denkenden Unikat-Keramik vorantreibend.
Dass dieser einnehmende Eindruck einer eindrücklichen Ausstellung vom ersten Moment an funktioniert, liegt natürlich…