Karin Kneffel
„Schönheit ist für mich ein Kriterium für Kunst“
Ein Gespräch von Helga Meister
Die Düsseldorfer Malerin und emeritierte Münchener Akademieprofessorin Karin Kneffel (65) ist bekannt für ihre verführerisch realistischen Bilder mit Landschaften und Interieurs, die so vielschichtig gemalt sind, dass sie sich nicht fassen lassen. Menschen kamen darin kaum vor. Doch mit Corona wurde alles anders. Sie hatte jahrelang Fotos polychrom gefasster Holzskulpturen von Maria mit Kind gesammelt. Nun nahm sie sie als Vorbilder. Die getrennt gemalten Gesichter haben eine neue Innigkeit und Lebendigkeit.
Face of a Woman, Head of a Child nennt sie die Serie, die über die Galerien Gagosian in Rom und Schönewald in Düsseldorf sofort in internationale Sammlungen ging. Doch zuvor geht sie auf Tournee. Im Museum Kurhaus Kleve waren bis 18. Februar 2024 60 Ölbilder und Aquarelle aus zehn Werkkomplexen zu sehen. Ein Teil davon wandert vom 23. März bis 1. September 2024 ins Museum Franz Gertsch nach Burgdorf. Und das Museum Küppersmühle in Duisburg plant vom 23. Mai bis 1. September 2024 eine Retrospektive. Wieso Menschenbilder nach Skulpturen? Warum wirken Mutter und Kind realer als in der Skulptur? Das Gespräch von Helga Meister mit Karin Kneffel fand in der Klever Ausstellung statt.
Helga Meister: Warum widmen Sie sich dem christlichen Bilderkanon von Maria und dem Jesuskind, einem der ältesten und lieblichsten Themen der Kunstgeschichte? Ist Corona daran schuld? Die Einsamkeit im Atelier? Die Sehnsucht nach Menschen?
Karin Kneffel: Der Ausgangspunkt liegt viel länger zurück. Seit einigen Jahren fotografiere ich in Kirchen und Museen im In- und…