Düsseldorf
Tim Berresheim
Neue alte Welt
NRW-Forum 17.02.–26.05.2024
von Pamela C. Scorzin
Kann man den Computer als Räuberleiter zur Kunst benutzen? Tim Berresheim (geb. 1975 in Heinsberg) nutzt die Computertechnologie zumindest, um die Inkohärenz unserer Gegenwart in ein kohärentes Bild zu fassen. Dafür verbindet er analoge Techniken aus der Moderne mit den digitalen des Technozäns. Die von Alain Bieber kuratierte Retrospektive im NRW-Forum führt opulent vor Augen, wie der Künstler und Musiker seit Jahren scharfsinnig beobachtet, subjektiv reflektiert und gestalterisch experimentiert, wie sich mit den Digitaltechnologien, von der Computergrafik über 3D-Scans und Mixed Realities bis hin zur KI auch die Möglichkeiten, sich im mehrfachen Sinne ein ‚Bild von der Welt zu machen‘, stetig erweitern. Der technische Wandel scheint im Moment vielen viel zu rasant, überfordert bisweilen die Sinne und Kompetenzen. Berresheim jedoch beobachtet und analysiert die Evolution der technischen Darstellungsmittel und kulturellen Werkzeuge, welche immer auch ihre menschlichen Erfinder*- und Entwickler*innen selbst verändern, mit offener Neugier und inszenatorischer Verve für hybride und multiperspektivische Erzählungen.
Seine fulminanten Inszenierungen verstehen sich dabei als ‚Künstlerische Gegenwartsarchäologie‘, welche sich gleichsam in Schichten vortastet und durch Undurchschaubares arbeitet, um sinnstiftende Narrative zu (re-)konstruieren: ausgehend von geprinteten, meterlangen Wandtapeten über klassisch gerahmte Bilder und skulpturale Arbeiten bis hin zu raumgreifenden Augmented Reality-Arbeiten und Sound. Konglomerate und Fragmente unterschiedlichster Aufzeichnungs- und Darstellungsmedien sowie generierter Artefakte aus Daten formieren sich zu entdeckungsreichen Erzählbühnen. Dem Publikum bietet sich in Düsseldorf ein grellbunter, fast dekorativer Mash-up aus Medien und Motiven, Popkultur und Kunstgeschichte, Wissenschaftsgeschichte und Technik, welcher aber alles andere als ein seichtes Potpourri…