Renate Puvogel
Jon Kessler
Galerie Hetzler, 15.1.-20.2.1988
Mit der Erinnerung an komplizierte, höchst aufwendig gebaute, bengalisch leuchtende Bewegungs-Kästen von Jon Kessler in der New Yorker Galerie Lunring Augustine & Kodes im Hinterkopf stieg ich zu Hetzlers Galerie empor und finde dort ein Ensemble kleinerer Wandobjekte vor, jedes sparsamer bestückt, mit den Augen zu umgreifen. Zwar dreht und wackelt es, rauscht, tönt und quietscht es ein wenig, aber die gesamte Atmosphäre ist kühler, distanzierter, keineswegs fremdartig, rauschhaft, verführerisch. Kessler hat gerade für ein halbes Jahr seine Bastelwerkstatt in Paris aufgeschlagen, und obgleich sämtliche Objekte noch 1987 in New York entstanden sind, ist diese Zusammenstellung als Gegenentwurf in dem neuen europäischen Kontext und im Hinblick auf eine wiederum einheitliche Raumwirkung zu begreifen.
Der 30jährige Künstler, der in seinem Heimatort New York studiert hat, braucht nicht weit zu reisen (was er aber dennoch häufig tut), um seiner Neugier auf andere, nahe und ferne Kulturen Nahrung zu verschaffen; auf seinen Streifzügen durch die Metropole kann er sinnliche und geistige Eindrücke sammeln, Requisiten fernöstlichen und naheuropäischen Ursprungs und Ideen, diese fremden Zeugnisse mit seiner eigenen Biographie in Beziehung zu setzen.
Wie ein Kind mit einem Bausatz konstruiert er vielteilige Schreine zusammen, in denen Kinderspielzeug, Nippes, rankende Pflanzen, Kleinskulpturen, Mineralien in ein Gerüst aus perforierten Metalleisten, Glasplatten, Vorhängen und Gittern montiert werden. Stets entzieht Kessler die Einzeldinge dem direkten, frontalen Kontakt, indem er dem gesamten Ensemble mehrere transparente, milchige oder getönte Glasplatten vorblendet. Sie funktionieren als Bildflächen, auf denen sich ein Lichtschauspiel ereignet, in dem Eckstück à la Tallin “North…