Ilya Kabakov:
Malerei ist Illustration
Ein Gespräch mit Thomas Wulffen
Er ist für die jüngere russische Künstlergeneration, was Michael Bulgakov für die russischen Literaten war: Ilya Kabakov, russischer Kosmopolit mit Wohnsitz Moskau. Der Künstler wurde 1933 in Dnepropetrovsk, Ukraine, geboren, besuchte während des Krieges die Kunstakademie Leningrad, die nach Samarkand ausgelagert worden war. Bis 1951 studierte er dann an der Kunstschule in Moskau, danach wechselte er in das Moskauer Kunstinstitut Surikov. 1957 beendete er sein Studium und arbeitete für verschiedene Kinderbuchverlage und Zeitschriften als Illustrator.
Diesen Hintergrund kann der Betrachter seiner Arbeiten heute noch erspüren. Von den Zeichnungen hat sich Ilya Kabakov entfernt. Sie bilden aber immer noch einen Ausgangspunkt. So gleichen grosse Gemälde von ihm mehr Texttafeln mit Illustrationen als dem üblichen Genre ‘Gemälde’. Das ist intendiert. Der Künstler baut bewusst Hindernisse auf, die dem gewöhnlichen Typus des Gemäldes zuwiderlaufen. (Beispiel: ‘Vor dem Abendessen’, 1987). Wesentlicher Teil seiner bildkünstlerischen Arbeit ist der Text, der den Kommentar überschreitet und sich auch als eigenständiges Werk behaupten kann. Thema dieser Texte sind erfundene Personen und ihre ‘Macken’, mit denen sie sich gegen die sozialistische Erbärmlichkeit schützen oder vor der sie flüchten. In Worten Ilya Kabakovs: ” Das Soziale ist für mich existentiell.” Wer dahinter eine politisch engagierte Kunst vermutet, sieht sich getäuscht. Die soziale Funktion wird erst im zweiten Blick deutlich.
Ilya Kabakov ist Kosmopolit. Als Gast des Berliner Künstlerprogramms des DAAD war er für ein Jahr in Berlin und nutzte die Zeit, in Ruhe einen begonnenen Werkkomplex fertigzustellen. Während des Gesprächs, das auf Deutsch geführt…