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Ausstellungen: Berlin · von Thomas W. Kuhn · S. 244 - 247
Ausstellungen: Berlin , 2012

Thomas W. Kuhn
Martin Honert

»Kinderkreuzzug«
Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart, Berlin, 7.10.2012 – 7.4.2013

Es ist ein erstaunlicher Effekt der sich beim Betreten der großen Ausstellungshalle im Hamburger Bahnhof einstellt, die sich an diesem Nachmittag gut besucht zeigt. Überall gehen und stehen Besucher, wobei die Ausstellungsarchitektur von verschiedenen Stellen aus gute Sichtachsen über größere Entfernungen bietet. Während die meisten Leute nach einer Zeit des Verharrens weitergehen, bleiben die anderen ruhig stehen. Woher diese Ruhe und Geduld? Es sind die bemalten Skulpturen von Martin Honert (*1953 in Bottrop), die sich mit den Besuchern in dieser räumlich vorteilhaft bemessenen Architektur kontinuierlich in permanent wechselnde Tableaux vivants verwandeln. Kinder sitzen vor dem „Kinderkreuzzug“ von 1985-87 wie eine Fortsetzung der Installation in den Raum – andere Kinder, die vor zwei gebeugten, bärtigen Männern stehen und in ihre Gesichter blicken, entpuppen sich beim Näherkommen als normalgroße Erwachsene, die vor zwei „Riesen“ stehen (2007), die tatsächlich den Maßen extrem großwüchsiger Menschen entsprechen.

Mit dieser Vermischung von Publikum und Exponaten, dessen illusionärer Charakter in Form des lebenden Bildes bedingt durch die signifikante Künstlichkeit der Objekte beim Näherkommen unübersehbar ist, führt eine merkwürdige Form der Gegenwart herbei. Mit Objekten, die 1983 noch zu Studienzeiten (1981-88) an der Düsseldorfer Kunstakademie entstanden waren, bis hin zu Installationen aus dem Jahr 2012 verstärkt das Publikum eine Art Gleichzeitigkeit über diese Zeitspanne hinweg, vom „Tisch mit Wackelpudding“ bis zum „Gruppenfoto Präfekten“.

Gegenstand der Arbeiten, die meist aus Kunststoff durch den Künstler selbst gefertigt werden, sind damals wie heute Erinnerungsbilder, meist aus der Kindheit. Die…



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