Qiu Zhijie
Power Station of Art
oder das Prinzip namens Reaktivierung
Gedanken zur Shanghai Biennale
Qiu Zhijie, 1969 geboren, Chefkurator der Shanghai Biennale, ist in erster Linie Künstler und als solcher schwer einzuordnen. In eine Gelehrtenfamilie hineingeboren, erlernte er als Kind die Kalligraphie unter der Anleitung seines Großvaters. Seine Jugend fiel in die Zeit, da China sich gegenüber dem Westen geöffnet hatte. Er profitierte davon, vertiefte sich in die Schriften von Nietzsche und Jean-Paul Sartre. Aber auch der chinesische Querdenker Lu Xun war für ihn von großer Wichtigkeit. 1988 schrieb sich Qiu an der Zhejiang Academy of Fine Arts, Abteilung für Druckkunst ein. Seine Studien schloss er 1992 ab. Zuvor hatte er die Zusage für ein Stipendium im Ausland erhalten. Wegen der Reisebeschränkungen nach den Ereignissen auf dem Platz des Himmlischen Friedens musste er jedoch seine Pläne ad acta legen. Gleichzeitig begann seine Zusammenarbeit mit den Künstlern Wu Shanzhuan und Zhang Peili. Sie engagierten sich gegen das Establishment und für das Persönliche in der Kunstproduktion.
Qiu Zhijie ist Kalligraph, Maler, Computer- und Videokünstler, aber auch Steinschnitzer, Professor und Kurator. Indem er die traditionelle chinesische Kunst in einen konzeptionellen Kontext rückt und überholte Traditionen hinterfragt, wurde er zu einem der provokantesten Künstler in der Revolte gegen nicht mehr haltbare Konventionen. Heinz-Norbert Jocks traf sich dieses Mal mit ihm in Shanghai, um mit ihm über den Wandel der Biennale zu reden.
Heinz-Norbert Jocks: Als wir uns vor sechs oder sieben Jahren das erste Mal in deinem Studio in Beijing trafen, befragte ich dich als Künstler. Nun…