Supermarktsystem Biennalen
Editorial
2012 war wieder einmal „documenta-Jahr“ – womit die wohl prestigeträchtigste und renommierteste internationale Großausstellung zeitgenössischer Kunst des Jahres genannt wäre. Zumindest aus deutscher, aus westlicher Perspektive. Denn 2012 fanden noch zahlreiche weitere Großausstellungen statt – wie beispielsweise die São Paulo Biennale, die Sydney Biennale, die Arts in Marrakech Biennale, die senegalesische Dak’Art, die Havanna Biennale, um nur ein paar zu nennen. Seit Beginn des Biennale-Booms in den 90er-Jahren ist die Zahl der internationalen Großausstellungen auf rund 150 gestiegen.
Wie ausdifferenziert die Szene inzwischen ist, verdeutlichte das World Biennial Forum No1, das im Rahmen der Gwangju Biennale in Korea stattfand. Im Unterschied zu vorangegangenen „Biennale-Konferenzen“ gab es diesmal ein Grundthema: „Shifting Gravity“ – die Verschiebung der traditionellen Zentren des zeitgenössischen Kunstbetriebs gen Osten. SUSANNE BOECKER berichtet von dieser Veranstaltung, bei der sich 18 Biennalen präsentierten – von der 1973 gegründeten Sydney Biennale bis zur jungen Land Art Mongolia. Interviewt hat sie René Block, der im Jahr 2000 erstmals Biennalen zum Dialog gebeten hat und Ehrengast des World Biennial Forums No1 war.
Eine der ganz großen Biennalen dieses Jahres war die Shanghai Biennale. Nach acht Ausgaben im Shanghai Art Museum ist sie 2012 an einem neuen Ausstellungsort kraftvoll durchgestartet: Mit ihr eröffnete in einem ehemaligen Heizkraftwerk das brandneue Shanghai Contemporary Art Museum. Kunstforum dokumentiert die 9. Shanghai Biennale in einem großen Fotorundgang von WOLFGANG TRÄGER, von dem auch nahezu alle anderen Aufnahmen dieser Dokumentation stammen. In ausführlichen Gesprächen mit den Kuratoren Qiu Zhijie, Johnson Chang, Boris Groys und Jens Hoffmann sowie den Künstlern…