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Magazin · von Jochen Becker · S. 500 - 501
Magazin , 2000

MigrantInnen Selbst

Kien Nghi Ha »Ethnizität und Migration«

Der Berliner Politikwissenschaftlers Kien Nghi Ha unterschreibt seinen Einstieg in den Themenkomplex ,Ethnizität und Migration’ mit drei verschiedenen Namensvarianten, welche er im Postscriptum auch erklärt. Als Mitglied der kantonesisch-chinesischen Minderheit in Hanoi geboren, flüchtete seine Familie als “Boat People” über Hongkong 1979 nach West-Berlin. Als “Kontingentflüchtling” erhielt Kien Nghi Ha Asyl in der Bundesrepublik und ist seit 1988 eingebürgert. Sein Zaudern, die Herkunft seines Namens zu erklären, hängt mit dem Wunsch zusammen, dass seine Arbeit nicht unter dem Fokus der marginalisierten Position gelesen werde: “Diese Selbstverständlichkeit einfordern zu müssen, sagt etwas über den Zustand der Repräsentationsbetriebe in der BRD aus, in der MigrantInnen so gut wie nie als kompetente GesprächspartnerInnen auftreten… Wir erscheinen – wenn überhaupt – zumeist als stumme Zeugen, als zurechtgeschnittenes Bildmaterial.”

Im ersten Teil des Buchs konzentriert sich Kien Nghi Ha auf die türkische Zuwanderung in die Bundesrepublik. Die Kontinuität der nationalsozialistisch geprägten “Fremdarbeit” als “Gastarbeit” basiert auf einem kaum gebrochenen völkischen Konsens, wenn etwa die ArbeitsmigrantInnen in den selben Baracken landeten wie zuvor die aus dem Ausland verschleppten Zwangsarbeiter. Die postmateriell-emanzipierte Nachkriegsgesellschaft (Arbeitszeitverkürzung, längerer Urlaub, Entlastung von niederen Tätigkeiten) basiert nicht zuletzt auf den Knochen der “Ausländerbeschäftigung”. Die Zuwanderer wurden auf ihre Körperkraft reduziert, mit “schweren inneren Verletzungen” und Depressionen alleine gelassen und bleiben in der bundesrepublika.nischen Gesellschaft weitgehend zum Schweigen verdammt. Die erste Generation der “Gastarbeiter” – nun oftmals wegen besonders körperverschleißender Tätigkeiten sowie Bevorzugung inländischer ArbeiterInnen in Frührente – werden als maßgebliche Garanten des Wohlstands ausgeblendet. Sie sind meist…

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