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Ausstellungen: Hannover · von Matthias Reichelt · S. 379 - 380
Ausstellungen: Hannover , 2002

MATTHIAS REICHELT
Naoya Hatakeyamas faszinierender Blick auf die Mysterien des Gewohnten

Kunstverein Hannover, 13.4. – 19.5.2002

Kameraauslöser und Sprengung funktionieren vollkommen synchron. Steinpartikel fliegen in einem Staubnebel durch die Luft. Auf einem anderen Bild schießen Staubfontänen wie zielgerichtet aus einem Kalksteinbruch unter einem stahlblauen und wolkenlosen Himmel. Das Motiv setzt Assoziationen zu Krieg frei. Das Gehirn tastet das kollektive Bildgedächtnis ab und fördert Bilder von der Sprengung der Buddha-Skulpturen durch die Taliban in Afghanistan zu Tage. Aber die Fotografien von Naoya Hatakeyama zeigen keine Kriegssituation oder militanten Ikonoklasmus, sondern den Einsatz von Sprengsätzen in einem Kalksteinbruch in Japan. Auf anderen Bildern, die die ungeheure Wucht von Sprengungen im Kalksteinbruch zeigen, ist jedes einzelne Partikel der durch die gewaltige Explosion auseinander strebenden Materie messerscharf abgebildet. Die zerstörerische Kraft der Sprengung gebiert einen Bruchteil einer Sekunde ein einzigartiges und unwiederbringliches Bild, das mittels Kamera aus dem Zeitkontinuum herausgelöst und als skulpturale Performance fixiert wird. Eine Ästhetik der Zerstörung, die die Erinnerung an die Stilisierung der imaginierten und mehrfach wiederholten Sprengung eines Bungalows in Michelangelo Antonionis Film Zabriskie Point (1969) hervorruft. Die vernichtende Gewalt der Explosion verliert mit jeder Wiederholung ihren Schrecken und gerät aufgrund der zeitlupenhaften Atomisierung z.B. des Inhalts eines Kühlschranks zu einem bizarren Akt ästhetischer Kreation.

Die Bilder von den Sprengungen im Kalksteinbruch gehören zu einer der Serien, die im Kunstverein Hannover zu sehen waren. Die Fotografien des 1958 im Norden Japans geborenen Naoya Hatakeyama vor den frisch geweißelten Wänden der Ausstellungsräume in Hannover ziehen einen sofort in den Bann. Zum ersten Mal…


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von Matthias Reichelt

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