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Titel: Der urbane Blick · von Georg Aerni · S. 104 - 115
Titel: Der urbane Blick , 2012

Heinz Paetzold (Text) und Georg Aerni (Fotos)
Phänomenologie der Kultur des Flanierens

Die städtische Existenzform, wie sie gesteigert im Flanieren in Erscheinung tritt, bringt einander logisch sich ausschließende Gegensätze zusammen: Anonymität und Intimität, Einsamkeit und Masse, Zuschauer und Akteur. Flanierend bin ich einsam, individuiertes Selbst, und doch zugleich umgeben von einer großen Zahl, einer Masse von Menschen. Ich bin distanzierter Zuschauer der städtischen Szenerie und doch zugleich auch mittendrin Handelnder. Ich bin Zuschauer, für sich Seiender, und ebenso auch Akteur, für die anderen Seiender. Im Flanieren erlebe ich den Alltag mit seiner Schwere und Verwickeltheit und bin doch wie auf dem Theater. Wichtig ist hier, dass man den einen Pol nicht „aufheben“ oder vereinseitigen kann, ohne die Komplexität des städtischen Flanierens zu zerstören. Beide Pole in all ihrer Spannung machen nur zusammen das Typische des Flanierens aus.

Integrale Stadttheorie

Ziel ist es, neues Licht auf das Phänomen der Flânerie zu werfen. Bezugspunkt ist die Kritische Kulturphilosophie. Diese bisher ungeschriebene Philosophie findet ihre historische Wurzel einerseits in einer Synopse von Ernst Cassirers unabgeschlossener Philosophie der symbolischen Formen und der Kritischen Theorie der Gesellschaft andererseits, die am Ende der Weimarer Republik eine Wende zur Kulturtheorie vollzogen hatte. Die Idee der Kritischen Kulturphilosophie lässt sich über Autoren wie Isaiah Berlin, Charles Taylor, Julia Kristeva oder Pierre Bourdieu in unsere Gegenwart weiter ausziehen.1 Das Projekt einer Theorie der integralen Stadtkultur ist Teil dieses umfassenderen Projektes der Kritischen Kulturphilosophie, konkretisiert es doch die letztere am Paradigma der Stadt.

Die Theorie der integralen Stadtkultur muss methodisch so angelegt sein, dass…


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