Stephan Huber
Das Gottesreich fliegt:
Der Kunstverein tanzt
Kunstverein Münster.
Die Gefangennahme des geflügelten Merkur
Drei eiserne Käfige trudeln gemächlich durch den Raum, rostige Gestelle, die Besuchern der westfälischen Domstadt mit hochgerecktem Hals hoch oben am Turm von St. Lamberti gezeigt werden. Es sind Nachbildungen (19. Jahrhundert) der Käfige, in denen 1535/36 die Leichen der drei Wiedertäufer-Anführer Jan van Leiden, Knipperdolling und Krechting am Kirchenturm dem Volk zur Schau und Abschreckung gezeigt wurden. Wegen Renovierungsarbeiten am Lamberti-Turm waren sie entfernt worden und standen so der Kunst zur Verfügung.
Stephan Huber hat mit diesen Wiedertäufer-Käfigen eine Installation gemacht, die seine Trilogie vom ‘Fliegen’ abschließt (,Zur Reduktion des Wunsches: die Reduktion der Kunst’, New York 1980/81; ‘FLIEGEN und Ratten’, München 1081; ,Das Gottesreich fliegt: Der Kunstverein tanzt’).
Die Eisenkäfige im Kunstverein sind befrachtet mit Geschichte und bieten so, zusammen mit den Anspielungen im zweiteiligen Titel Anlaß zum Nachdenken über den künstlerischen Hintersinn, sind geradezu Aufforderung zum Deutungsversuch in politischen und/oder künstlerischen Zusammenhängen. Katalog und ausliegendes Informationsblatt gehen diesen Gedanken zu Hintersinn und Deutung nach und schieben damit das Kunst-Werk in den Bereich der gesellschaftspolitischen Illustration – “… die Wände des Kunstvereins wenigstens vibrieren zu lassen, wenn es ihnen schon nicht gelingt, sie aufzubrechen, um der Utopie von einer durch die Künste verbesserten Welt Raum zu geben”.
Die Installation selbst ist freier und graziler als ihre Interpretation, sie hat eine Leichtigkeit, die von erklärenden (auch verklärenden) Worten zerstört wird.
Die Installation setzt in die Schwebe – nicht nur die schweren Eisenkäfige, auch ihre historische Zuordnung; auch der Doppeltitel setzt…