Ungarn
Zsófia Keresztes
AFTER DREAMS: I DARE TO DEFY THE DAMAGE
Kommissarin: Julia Fabényi Kuratorin: Mónika Zsikla Ort: Giardini
Zsófia Keresztes’ Installation aus ein- und abgeschnürten Rundungen zeichnet die Stationen einer Reise nach: Die traumwandlerische „Reise im Mondlicht“ des ungarischen Schriftstellers Antal Szerb, 1937 unter dem Eindruck von Psychoanalyse und politischen Zuspitzungen in Europa mit einer Fülle mythologischer und religiöser Motive versehen, ist lose Vorlage der Skulpturengruppe in impressionistisch pudrigem Pastell. Zerbs Protagonist beginnt seine Hochzeitsreise in Venedig, wird jedoch schnell von den Freund- und Leidenschaften seiner Jugend eingeholt. Ein Strudel melancholischer Erinnerungen und Sehnsüchte entfaltet seinen Sog und lässt Mihály schicksalhaft den Zug verpassen, den seine Frau nach Rom genommen hat. Die Reise wird für beide ein Weg zur Selbsterkenntnis, die schmerzliche Annäherungen und Abgrenzungen von anderen Personen aus Vergangenheit wie Gegenwart erfordert.
Hier setzt Keresztes’ Installation an: Die mit Mosaik umhüllten organischen Styrodur-Gebilde scheinen ihre individuelle Form als selbstständige Werke zu suchen, zugleich aber auch einen Zusammenhang, den sie mit den anderen Beinah-Körperteilen der Ausstellung bilden könnten. Alle Figuren verfügen über ein ihnen ähnelndes Pendant – sie sind einander Avatare, ergänzen sich in Phasen und Aspekten ihrer Persönlichkeit. Ähnlich wie Szerbs Protagonist scheinen sie ihre Umrisse, ihr Wesen ein Stück weit hinzugeben, um sich anderen in ihrer Nachbarschaft anzuähneln, stets in der Gefahr der Selbstauflösung.
Zentral ist für die Künstlerin, die ihre Arbeiten „Totems des 21. Jahrhunderts“ nennt und im traditionellen Handwerk immer auch unsere post-digitalen Formen des Zwischenmenschlichen mitdenkt, Schopenhauers „Stachelschwein-Dilemma“: Der Mensch als soziales Wesen sucht die Gesellschaft…