Zoe Leonard: Survey
Das Private ist politisch
Whitney Museum 02.03. – 10.06.2018
von Kerstin Stremmel
Der Titel von Zoe Leonards großangelegter Retrospektive, Survey, benennt einerseits den langen Zeitraum von mehr als dreißig Jahren künstlerischer Produktion, die nun erstmals in großem Umfang in einem amerikanischen Museum gezeigt wird. Gleichzeitig wird Leonards Überprüfung der Welt angedeutet, zu der häufig, vor allem in ihren frühen Fotografien seit Ende der 80er Jahre, der Blick von oben gehört. Wie der legendäre Fotograf Nadar, der 1859 bei der Schlacht von Solferino erste Luftaufnahmen aus dem Ballon herausmachte, sucht Leonard den Überblick und die unvertraute Perspektive und fotografiert aus Flugzeug oder Helikopter Städte, Flussläufe oder Bahnlinien, und immer wieder auch Wolkenbilder durch das Flugzeugfenster, was einen doppelten Rahmen bei ihren Bildern produziert, da sie stets den Negativrand des Bildes stehen lässt um zu verdeutlichen, dass nichts beschnitten und manipuliert wird.
Ebenfalls gezeigt wird Leonards facettenreiche Serie „Analogue“, für die sie seit 1998 die Schaufenster kleiner Ladengeschäfte in der Lower East Side dokumentierte, den unaufhörlichen Wandel der Zeit, der Zerstörung des Einzelhandels, dem sich manche der Ladenbesitzer mit phantastischen Dekorationsideen entgegenzustemmen suchten. Diese Serie war 2007 auf der documenta in Kassel zu sehen, fünfzehn Jahre nachdem sie dort mit einer Installation in der Neuen Galerie provoziert hatte, für die sie historische Männerportraits entfernte und durch Schwarzweißfotos weiblicher Genitalien ersetzte.
Vielen Menschen ist Leonard vermutlich deshalb ein Begriff, weil sich im Jahr 2016 ein Text von ihr in den sozialen Medien verbreitet hat; er stammt aus dem Jahr 1992, als ihr…