FDP-Politiker fordert Unterbrechung der documenta

28. Juli 2022 · Kulturpolitik

„Die Documenta muss sofort unterbrochen werden“, forderte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai, als bekannt wurde, dass auf der Kasseler Kunstschau nach dem Skandal um das Taring Padi-Bild nun auch noch eine Broschüre mit anti-semitischen Zeichnungen aufgetaucht sei. Auch den kulturpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion Helge Lindh erinnern diese Bilder „unweigerlich an typische NS-Karikaturen“. Wie der Berliner „Tagesspiegel“ berichtet, haben die beiden documenta-Gesellschafter (Land Hessen und Stadt Kassel) inzwischen darauf gedrängt, „dass die diskutierten Zeichnungen ‘bis zu einer angemessenen Kontextualisierung’ aus der Ausstellung genommen werden sollten“. Eine solche Kontextualisierung will die documenta nun auch tatsächlich vornehmen, gibt sich ansonsten in Sachen Gesamtüberprüfung der Exponate aber hartleibig: „Ein Screening der Ausstellung nach etwaigen antisemitischen Motiven wird es nicht geben.“ Damit gerät auch der neue documenta-Geschäftsführer Alexander Farenholtz in die Kritik, der auf jeden Fall den Eindruck vermeiden will, „dass durch die fachwissenschaftliche Begleitung eine Kontrollinstanz eingeführt wird“. Allerdings ist das Heft bereits staatsanwaltlich überprüft und als „strafrechtlich nicht relevant“ eingestuft worden. Das mildert jedoch nicht die politische Brisanz des Geschehens, wie die Empörung in allen demokratischen Parteien von Grünen bis CDU/CSU zeigt. Dr. Josef Schuster, Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland, attackierte daher den Geschäftsführer Farenholtz in der „Jüdischen Allgemeinen“: „Ebenso wie Frau Schormann scheint auch Herr Farenholtz nicht bereit zu sein, gegenüber Israelfeinden Haltung einzunehmen“. Der Kommentator Philipp Peyman Engel sekundierte: „Die documenta ist moralisch bankrott“. Laut HNA -Hessisch-Niedersächsische Allgemeine“ will Farenholtz „die Versäumnisse nun nachholen“, doch für Schuster ist es inzwischen „unvorstellbar“, dass die d15 „wirklich bis zum 25. September laufen kann“. Die beabsichtigte Kontextualisierung wird wohl ähnlich wie beim Taring Padi-Bild zu der Erkenntnis führen, dass anti-semitische oder radikal israelkritische Bildwerke in Indonesien oder Algerien unbeanstandet bleiben, dies aber im Land, in welchem der Holocaust seinen Anfang nahm, kein Kriterium sein kann und diese Bilder eben hier nicht gezeigt werden sollten, zumal bei uns derzeit keine Synagoge ohne Polizeischutz auskommt. Es ist paradox, dass die umstrittene Broschüre im Museum Fridericianum ausgerechnet in einem Raum entdeckt wurde, welcher der Frauenrechtsbewegung in Algerien gewidmet ist.


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