Künstler-Statement für Edward Snowden

22. Mai 2017 · Aktionen & Projekte

Als Martin Luther und die anderen Reformatoren im 16. Jh. ihre Ideen verbreiteten, ebenso die Anführer aufrührerischer Bauern und rebellierender Handwerkergesellen in den Städten, da geschah dies durch Flugschriften, die in hoher Zahl gedruckt und rasch verteilt werden konnten: Gutenbergs Buchdrucktechnik leitete nach 1450 das „alphabetische Zeitalter“ (Mc Luhan) ein und markierte damit wesentlich den Bruch zwischen Mittelalter und Neuzeit (andere Indizien für diesen Epochenwandel im 15./16. Jh. waren die Erfindung des Schwarzpulvers in Europa schon im 14. Jh., durch die sich die militärische Kriegsführung entscheidend veränderte, was auch neue Konzeptionen von Festungsarchitektur erforderte, und die Entdeckung neuer Kontinente als Beginn des Kolonialzeitalters). 500 Jahre später erleben wir einen ähnlichen Epochenwandel vom Übergang der Industriegesellschaften in postindustrielle Informationsgesellschaften- das alphabetische Zeitalter wird vom digitalen Zeitalter abgelöst. Vor diesem gedanklichen Hintergrund hat der Künstler Achim Mohne in Wittenberg dem Martin-Luther-Porträt von Lucas Cranach eine Ikone des 21. Jh. gegenüber gestellt, nämlich ein Porträt des „Whistleblowers“ Edward Snowden, der mit seinen Enthüllungen „die in seiner Gegenwart führende digitale Technologie mit ihren eigenen Waffen“ schlug: ermöglichte der „schnelle Buchdruck“ im 15./16. Jh. die Verbreitung der Bibel, so erlaubt uns das Internet heute in vergleichbarer Form innerhalb kürzester Zeit eine globale Verbreitung von Aufklärung. „Das weltweit zirkulierende Porträt Snowdens steht für den personifizierten Widerstand gegen digitale Überwachungsmethoden“, sagt Achim Mohné. Für die Ausstellung „Luther und die Avantgarde“ schuf er „ein großflächiges Mosaik aus 672 quadratischen Bodenplatten“. Der Betrachter, der unmitztelbar davor steht, kann nichts erkennen; nur aus großer Höhe, z.B. bei Satellitenaufnahmen, ist das Porträt als solches identifizierbar. „Die 672 „Bildpunkte“ – je 50 x 50 cm, insgesamt 12 x 14 Meter – entsprechen dabei der digitalen Kameraauflösung von nur 0,000672 Megapixeln. Die Bodenarbeit, die in keiner geometrischen Beziehung zu ihrer Umgebung zu stehen scheint, ist tatsächlich exakt nach Norden ausgerichtet, damit sie auf dem Raster virtueller Karten rechtwinklig erscheint“


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