Rechtsstreit um Welfenschatz

9. Dezember 2020 · Kulturpolitik

Georg V. (1819-1876) war der letzte König von Hannover. Als 1866 Preußen Hannover annektierte, wurde ihm der Welfenschatz als Privateigentum zuerkannt. Georgs Vorfahren hatten den Reliquienschatz einst dem Braunschweiger Dom gestiftet. Nach der Revolution von 1918 war das Hausvermögen der Welfen eingefroren, und um die Schlösser weiterhin unterhalten zu können, versuchte ein Enkel Georgs, nämlich der Herzog Ernst-August von Braunschweig-Lüneburg, 82 Stücke aus dem Schatz zu verkaufen. Seine Vorstellung, dafür 24 Mill. Reichsmark zu erzielen, erwies sich in der Zeit der Weltwirtschaftskrise jedoch als völlig illusorisch. 1929 kaufte ein Konsortium aus drei jüdischen Kunsthändlern in Frankfurt den Schatz für 7,5 Mill Reichsmark an. Bis 1932 gelang es ihnen, einzelne Stücke für insgesamt 1,5 Mill. Reichsmark weiter zu verkaufen. Auf diese Weise gelangte z.B. der Gertrudis-Tragaltar in die USA, ans Cleveland Museum of Art. Die noch unverkauft verbliebenen Stücke hatten wohl einen Wert von 6 bis 7 Mill. Reichsmark. Der preußische Staat kaufte sie 1935 für 4,25 Mill. Reichsmark an. Die Erben der Kunsthändler fordern nun eine Restitution dieser Objekte, da der Verkauf unter dem Druck der NS-Verfolgung abgewickelt wurde und der genannte Kaufpreis nicht angemessen sei. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz wies die Ansprüche zurück, und der Fall liegt nun beim Supreme Court der USA. Nachdem nämlich US-Bundesgerichte in zwei Instanzen die Zulässigkeit der Klage durch die Erben bejahten und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz dagegen Revision einlegte, geht es im weiteren Verlauf des Verfahrens vor dem Obersten Gericht in Washington jetzt auch darum, ob solch eine Klage vor einem US-Gericht völkerrechtlich überhaupt zulässig ist. Der Foreign Sovereign Immunities Act lässt eine solche Klage nur in bestimmten Ausnahmefällen zu. Das Land Berlin hat die Welfenschatz-Objekte inzwischen als nationales Kulturgut eingestuft. Eine Ausfuhr ins Ausland wäre dann nur mit ausdrücklicher ministerieller Genehmigung möglich


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