Thomas F. Fischer gestorben

19. November 2019 · Personalien

Thomas F. Fischer, Kölner Künstler, starb nach längerer Krankheit im Alter von 65 Jahren. Ende der 1970er Jahre hatten wir zusammen in Köln als Hommage an Andy Warhol unter dem Titel „Andy’s Reisebureau“ alternative Stadtführungen „durch den kulturellen und kulinarischen Underground“ organisiert und das Publikum zu skurillen Imbissbuden und durch die Ruinen der Industriebrachen gelotst. Wir studierten an den Kölner Werkschulen zusammen in der Klasse von Daniel Spoerri, der uns 1980 bei einem Eat Art Festival die Aktion „Plastic Food“ durchführen ließ: Mit Dekorationsmaterial aus dem Karnevalsbedarfsladen hatten wir die Kantine des Maison de la Culture von Chalon/Saone in ein amerikanisches Fast Food-Restaurant verwandelt. Ein Rocker war mit seiner Harley Davidson aus 100 km Entfernung angereist, um diese Soirée zu erleben. Er durfte mit seiner Maschine in dem Raum eine „Ehrenrunde“ drehen, mit Fischer auf dem Rücksitz, und es stank in dem Raum noch minutenlang nach Benzin. In den 1980er und 1990er Jahren führte Thomas F. Fischer mehrfach Performances in der Kölner Moltkerei-Werkstatt durch, damals unter der Leitung von Elisabeth Jappe ein Performance-Zentrum von europäischem Rang. Er performte auch im Wuppertaler Von der Heydt-Museum und an anderen renommierten Orten, war 1987 im Performance-Beiprogramm der Documenta vertreten. Als Künstler inszenierte er seine Performances und Installationen so konsequent, wie ich es sonst selten bei einem anderen Künstler erlebt habe, die mir in den vergangenen 50 Jahren begegnet sind. Selbst dann, als seine Krankheit Multiple Sklerose, an der er 40 Jahre lang gelitten hatte, ihn physisch schon äusserst stark beeinträchtigte, machte er mit einem unbändigen Lebenswillen und einem beeindruckenden Äusserungswillen weiterhin seine Kunst, so gut und so lange es irgendwie noch ging: er ließ sich bei seinen Performances und bei seinen Installationsprojekten schließlich von Assistenten helfen, und er zeichnete zu Hause weiterhin obsessiv und mit einer eruptiven Expressivität, solange er es noch schaffte, einen Stift in der Hand zu halten. Künstlerisch kommunizieren diese späteren, oft krakelürenhaften Zeichnungen und Collagen jedoch die gleiche atmosphärische und existenzielle Verdichtung wie die anderen Blätter, die zwanzig Jahre zuvor entstanden.

Dazu in Band 105 erschienen:


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