8. Moskauer Biennale
Orientierung vor Ort: Bildzerfall
Neue Tretjakow-Galerie, Moskau 31.10.2019 – 22.01.2020
von Heinz-Norbert Jocks
Die überraschende Meldung aus Moskau, die Albertina in Wien sei der wichtigste Leihgeber der 8. Biennale, und dazu der flüchtige Blick auf die nur 32 Namen umfassende Künstlerliste, die von Stephan Balkenhol über Georg Baselitz, Valie Export, Xenia Hauser, Sonja Gangl, Alex Katz, Maria Lassnig, Hermann Nitsch, Neo Rauch, Gerhard Richter, Fang Lijun bis hin zu Zhang Huan, alle aus den Sammlungen der Albertina, reicht, machten den Autor stutzig. Die große Mehrheit der Werke, welche die Biennale in der Staatlichen Tretjakow-Galerie zieren, stammt von Russen, darunter Evgenia Buravleva, Evgeny Granilshchikov, Andrey Kuzkin, Maria, Alexey Luka, Pavel Otdelnov, Egor Plotnikov, Vitaly Pushnitsky oder Maria Suvorova. Es scheint, als wären Künstler aus Saudi Arabien, Bahrain, Azerbaijan und den USA noch zusätzlich eingeladen worden, damit ein Gleichgewicht zwischen Lokalem und Internationalem gewahrt und die Ausstellung nicht allzu russ-land- und wienlastig ausfällt. Darüber, warum diese Gewichtung vorgenommen wurde, ob dafür die bedauerliche Unterrepräsentanz russischer Kunst auf dem internationalen Parkett, also Aufhol- und Aufmerksamkeitsstrategien oder geopolitische Interessen des Kremls ausschlaggebend waren, lässt sich nur spekulieren. Der Titel der Biennale „Orientierung vor Ort“ lässt sich jedoch so lesen, als hätte hier der Blick auf das Eigene einen gewissen Vorrang vor dem Schweifen in die Ferne. Und gleichwohl wirken die Werke der Albertina wie das eigentliche Herzstück der Biennale.
Von daher die Frage: Was bedeuten dieser Versuch eines Dialogs zwischen der regionalen und der internationalen Szene und die starke Einbeziehung der Wiener Sammlungen im Einzelnen…