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Ausstellungen: Grenoble · S. 408 - 410
Ausstellungen: Grenoble , 1989

Michael Hübl
Barry, Horndash, Katase

Magasin, 4.6.- 3.9.1989

Eins und eins ist nicht gleich zwei. Dazwischen liegen auch im Zeitalter des binären Entweder-Oder unendliche Möglichkeiten. Unter ihnen bedeutet zwei – als Summe aus eins plus eins – einen Zustand der Entropie: erstarrte Potentiale, festgelegt auf eine bestimmte Lösung.

Ironie ist kein Scherz. Das Spiel mit den Bedeutungsebenen ist der bittersüße Ernst jener, die die Brüchigkeit der Welt sehen und doch nicht fortwährend das Lamento ihres baldigen Zusammenbrechens singen wollen. Die Ironie, die schon den Romantikern geholfen hat, den Umbruch in die bürgerlich-industrielle Moderne zu verkraften, gründet heute in einem doppelt gebrochenen Bewußtsein vom Geist dieser Epoche. Die “Dialektik der Aufklärung” ist im heutigen Denken mindestens zweifach verankert. Zum einen liegen die kriegerischen Konvulsionen dieses Jahrhunderts, die die Nachtseite technischer Machbarkeit mit den Körpersäften millionenfach getöter Menschen färbten, so weit nicht zurück, als daß sie schon gänzlich ins Reich der Mythen entrückt wären. Zum anderen hat auch der Aufbruch in eine schöne neue Welt ganz und gar befreiter, seliger Menschen, wie ihn das Wachstum der Konsumgesellschaften in den 60ern aufscheinen ließ, längst seine Schrammen erhalten, so wie die Protagonisten der Pariser Studentenrevolte ihre Aufbruchstimmung abgelegt und sich der skeptischen Analyse der vermeintlich völkerveredelnden Utopien zugewandt haben. Der Titel eines Buches, mit dem Ende der 70er Jahre Bernard-Henri Lévy ins Rampenlicht öffentlicher Aufmerksamkeit tritt, bezeichnet das Problem: “La barbarie à visage humain”. “Dieses Buch zeigt, daß die Idee einer guten Gesellschaft ein unmöglicher und manchmal tödlicher Traum ist1,” heißt es auf dem Schutzumschlag der Taschenbuchausgabe….


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