Reinhard Ermen
Bill Bollinger. Die Retrospektive
»Ich mache nur, was notwendig ist«
Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz, 11.2. – 8.5.2011
Es gibt Künstler, die hören irgendwann auf zu arbeiten, weil ihnen die Kraft ausgeht oder weil sie die Sinnfrage nicht mehr beantworten können, andere sterben einfach zu früh. Manche verschwinden fast unbemerkt, nur gelegentlich fragt einer nach ihnen. Was ist eigentlich aus Bill Bollinger geworden? Bill Bollinger? 1939 in Brooklyn geboren, ‚Bildhauer’, anzusiedeln zwischen Minimalismus und Konzeptart, aber weder das eine noch das andere; diejenigen, die dabei waren, sprechen von „Prozesskunst“. In wichtigen Gruppenausstellungen taucht sein Name auf, 1968 in New York bei „Nine at Leo Castelli“, die Robert Morris kuratiert hat oder ein Jahr später im Whitney bei „Anti Illusion“. Auch die europäische Szene kennt ihn, Harald Szeemann nimmt ihn in seine epochale Ausstellung „When Attitudes Become Form“ in der Kunsthalle Bern, im gleichen Jahr 1969 ist er schon in Amsterdam, in den ‚losen Verbindungen’, sprich in: „Op losse Schroeven“ im Stedelijk zu sehen. Einzelausstellungen, bei wagemutigen Galerien gehören dazu. Dann das Verschwinden, häufige Ortswechsel, ein komplizierter Vaterschaftsprozess okkupiert Zeit und Geld, ab 1974 gibt es allenfalls noch Gerüchte über Kunstaktivitäten, er fällt aus der Wahrnehmung des Betriebs. Dass der trinkfeste Mann 1988 an den Folgen seines übermäßigen Alkoholkonsums gestorben ist, hat sich, bei denen, die fragen, erst spät herumgesprochen. Seit einigen Jahren machen sich vorsichtige Versuche einer Neubewertung bemerkbar. Das Kunstmuseum Liechtenstein zeigt nun eine erste Retrospektive; um es gleich zu sagen: Eine gelungene Ausstellung, in der ein hochkonzentrierter Querkopf zu entdecken…