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Ausstellungen: Neuenkirchen/Soltau · S. 419 - 420
Ausstellungen: Neuenkirchen/Soltau , 1989

Karlheinz Schmid
Claus Bury

Kunstverein Springhornhof, 29.7.-10.9.1989

Freilich macht der Frankfurter Bildhauer Claus Bury autonome Skulpturen. Aus Holz gezimmert und immer von mathematischen Gesetzmäßigkeiten bestimmt, muten sie zwar minimalistisch an, doch dank ihrer begehbaren Form katapultieren sie sich rasch aus dem Siebziger-Jahre-Denken. Diese raumgreifenden Großplastiken, per Durchgang und Treppe auf menschliche Dimensionen konzentriert, berühren derart viele Wahr- nehmungsebenen, also auch Wirklichkeitsphänomene, daß der Autonomiebegriff mitunter ins Wanken gerät. Bury ist das nur recht, weil die vermeintliche Kritik den Blick erst freigibt, um die Vielfalt der von ihm ausgelösten Assoziationen würdigen zu können.

In Neuenkirchen, wo Ruth Falazik mittlerweile knapp 30 Objekte in der seit 1974 allmählich eroberten “Kunst-Landschaft” zeigen kann (darunter Werke von Harald Finke, Horst Hellinger, Nikolaus Gerhart, Jan Meyer-Rogge und Timm Ulrichs), hat sich Claus Bury einen Standort gesucht, der beweist, wie eng Konstruktion und Plazierung miteinander verknüpft sind. Wo die Architektur in die Landschaft läuft, wo Kultur und Natur ihr stilles Kräftespiel treiben, direkt neben einem Freibad und einem Sägewerk, hat er seine jüngste, rund sieben Meter hohe Arbeit “Der Augenblick” aufgebaut.

Es handelt sich dabei um einen Zwitter, halb Haus, halb Aussichtsturm. Ebenerdig gibt es einen Durchgang; über zwei Außentreppen kann ein nicht überdachter Innenraum mit zwei treppenartigen Seitenteilen erreicht werden, wo sich die Benutzer setzen können. Der Blick wird also nicht zwangsläufig nach außen gelenkt, in die Heidelandschaft oder auf das Stadtpanorama, sondern nach innen. Die karge Architektur aus eher grob geschliffenen Brettern fördert Momente der Meditation, vermittelt Ruhe, Kontemplation, wo der Stadtmensch zweifelsfrei noch voller Hektik steckt, erst…


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