Der Katalysator
Joseph Beuys und Demokratie heute
Museum Morsbroich Leverkusen 02.05.2021–29.08.2021
von Uta M. Reindl
Die vielen Lesarten der Kunst und der Biografie von Joseph Beuys dürften für Ausstellungsmacher, aber auch für Künstler noch lange eine große Herausforderung bleiben. Dieser stellt sich nun auch das Museum Morsbroich. Als „Katalysator“ wird der Jahrhundertkünstler im Titel der dort gezeigten Gruppen austellung geehrt, die im Untertitel „Joseph Beuys und Demokratie heute“ auf einen gesellschaftspolitischen Fokus verweist. Hierbei hat das Haus mit eigenen Sammlungsschätzen aus dem Beuys-Oeuvre zu einem Konzert mit den Werken von sechzehn Vertretern verschiedener Künstlergenerationen angeregt.
Erster Ausgangspunkt für die Aus stellung, eine Dauerleihgabe aus Privatbesitz, ist die Dokumentation der legendären Straßenaktion von 1971, als Beuys an einer Kölner Einkaufs meile Straßendiskussionen über direkte Demokratie durch Volksabstimmung veranstaltete und Tragetaschen verteilen ließ, die mit seinen Grafiken und Skizzen bedruckt waren. Seine Parlamentsgrafik übrigens inspirierte zum Logo der Leverkusener Ausstellung. Den zweiten Impuls aus dem Werk von Joseph Beuys gab die ebenfalls präsentierte Aktionsdokumentation „Halbzeit“ (1984) – über genau diese Etappe der legendären Kasseler Pflanzaktion von 7.000 Eichen, die 1982 auf der documenta 7 ihren Auftakt hatte.
Das Beuys-Erbe der performativen Praxis vermittelt sich heute naturgemäß meist über Video – sehr häufig in Leverkusen. Christoph Schlingensief (* 1960) ist in seinem Parteigründungsprojekt „Chance 2000“ (2017) zu sehen. Den performativen Gang „Die Wit Man“ (2015) von Tracey Rose (* 1974) durch Brüssel mag der Besucher auch auf dem Bildschirm verfolgen, als die schrill verkleidete Südafrikanerin der belgischen Kapitale die Kolonialzeit in Erinnerung „schreit“. John Bock (*1965) dokumentiert allerdings…