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Titel: Zeichen zur Zeit III · von Reinhard Ermen · S. 211 - 213
Titel: Zeichen zur Zeit III , 2010

Reinhard Ermen
Die Beweglichkeit in der Masse

Zwischenbilanz zur Zeichnung

„Was wären Sie geworden, wenn nicht Musiker? Comiczeichner.“
(Aus den „Fünf Fragen an Nik Bärtsch“, die Nummer 1, in: Jazz Echo, 2/2009)

Schon lange ist die Zeichnung nicht mehr die schüchterne Verwandte der Malerei oder eine Zuarbeiterin der Bildhauerkunst. Eigentlich war sie immer frei, doch es gab womöglich so etwas wie eine gefühlte Begrenzung. Damit ist es endgültig aus, nur Reste des alten Gefühls sind geblieben. Die ganze Rezeptionsgeschichte lässt sich eben nicht einfach abschütteln, außerdem liefert sie damit weitere Reibungsflächen für einen aufschlussreichen medialen Diskurs. Der ist ihr als Gattung zugewachsen, genauso wie die Beweglichkeit als eine quasi angeborene Charaktereigenschaft, die sie noch immer an den Anfang geradezu universaler Entwicklungsmöglichkeiten stellt. Das Lob der Zeichnung findet kein Ende, es durchschreitet die Türen, die dafür ohnehin sperrangelweit offen stehen. Diese Kunst hat keine Feinde; bei der Malerei, die gelegentlich als Prügelknabe des Feuilletons gebraucht wird, ist das ganz anders. Und doch kann jede Apologie durch ein Gegenbeispiel ad absurdum geführt werden, denn es gibt sie auch hier, die Bürokraten des Mediums oder die schlampigen Faulpelze. Zwar ist der Betrug schwerer zu inszenieren, weil mehr offen gelegt werden muss, doch gilt auch hier, was überall gilt: Die Idioten der einen, sind die Genies der anderen. Der Markt arbeitet etwas langsamer, das spekulative Kapital wird nicht so schnell verbrannt. Alle, – Händler, Kunden und Sammler, selbst die Künstler haben etwas mehr Zeit als anderswo. Sogar die Kritik, wenn sie sich auf etwas einlässt, scheint liberaler zu…


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