Sarat Maharaj
Die Logik des Twitter-Blicks in Zeiten einer retinalen Omnipräsenz.
Ein Gespräch von Dieter Buchhart und Gerald Nestler
Sarat Maharaj gilt als einer der prononciertesten und einflussreichsten Kunstwissenschaftler unserer Tage. Sein vielfältiges Arbeitsspektrum reicht von maßgeblichen Studien zu Marcel Duchamp, Richard Hamilton und James Joyce, über die Kunst als Forschungsfeld oder den Beziehungen zwischen Klang und Visualität („Xeno-Sonics“) und den kulturellen Thematiken der Differenz und der Übersetzung bis hin zur globalen Informationsökonomie. Geboren und ausgebildet im Südafrika der Apartheid-Jahre, ging er nach England und war von 1980-2005 Professor für Kunstgeschichte und Kunsttheorie am Goldsmiths College, London. Von 2001-02 hatte er die erste Rudolf Arnheim Professur an der Humboldt Universität Berlin inne. Zurzeit lehrt er an der Universität Lund und an der Kunstakademie Malmö in Schweden. Kuratorische Tätigkeiten übte er unter anderem 2002 als Ko-Kurator der Documenta XI und 2008 der Guangzhou Triennale, China aus. 2009 war er Mitglied der Jury der Biennale von Venedig.
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Dieter Buchhart und Gerald Nestler: Der Kunstmarkt war nach dem Zweiten Weltkrieg eine großteils US-amerikanisch-deutsche Angelegenheit mit Zentren in New York und Köln. Mit den frühen 1990er Jahren ist dann Großbritannien auf der Bildfläche erschienen. Welche Situation haben wir heute, wer sind deiner Meinung nach die wichtigsten AkteurInnen im Kunstbereich – in länderspezifischer und kommerziell/unternehmerischer Sicht?
Sarat Maharaj: Ich bin der gleichen Ansicht, mit Beginn der 1990er Jahre fand ein Umschwung statt, mit dem London ins Zentrum des Kunstmarkts rückte. Der Handel mit zeitgenössischer Kunst begann damals wirklich spürbar abzuheben. Das ist kaum zu glauben, wenn man bedenkt, wie…